Salzburger Nachrichten, 7.7.2009
KLAUS ADAM
Wagner: Lohengrin, München, 5. Juli 2009
Häuslbauer Lohengrin
 
Opernfestspiele. Mit Spannung wurde in München Jonas Kaufmanns „Lohengrin“-Debüt erwartet, der Triumph blieb aus
Ob der Brite Richard Jones des Deutschen so mächtig ist, dass er Richard Wagners „Lohengrin“-Libretto lesen und seinen Sinn verstehen kann? Leise Zweifel schleichen sich bei der „Lohengrin“-Premiere am Sonntag im Nationaltheater ein: Nicht einen Augenblick lang stellt sich auf der ins Heute transferierten Szene die Aura des Übernatürlichen ein, der Einbruch ins Irdische, das Frageverbot, erscheint als Laune eines Geflügelhalters, wird nicht empfunden als Symbol für die Unlebbarkeit der Beziehung eines Extraterrestrischen mit einem Geschöpf dieser Welt. Die tragischen Ursehnsüchte der Menschheit nach einem wundersamen Jenseits werden nicht einmal angedeutet.

Aus dem Festspiel-Motto des Intendanten Nikolaus Bachler, das „under construction“ lautet, folgert der englische Regisseur, dass im Brabant des Jahres 2009 ein EU-Baukonjunkturprogramm aufgelegt wurde und Herr und Frau Lohengrin sich ein Eigenheim bauen wollen.

Schon während des Vorspiels, das Kent Nagano mit dem exzellenten Bayerischen Staatsorchester als akkurates Misterioso musizierte, war ein Bauzeichner am Reißbrett zu Gang. Alsbald scheute sich Elsa nicht, im Drillichanzug Steine zu schleppen, auch Lohengrin wurde zum Mörteln und Tischlern eingespannt.

Richard Jones weiß natürlich, dass es schwerer ist, ein romantisches Märchen zu inszenieren, als dasselbe der Lächerlichkeit preiszugeben. Doch auch bei antiromantischer Verpflanzung in unsere Zeit müssten immerhin die menschlichen Beziehungen, die Konflikte begreifbar werden, glaubhafte Metaphern von heute müssten die von Wagner ersetzen. Bei Richard Jones findet kein Drama statt, das uns angeht.

Dank Kent Naganos delikat kammermusikalischer, nicht eben emotional überbordender Interpretation gab es glückliche Augenblicke, in denen sich die Musik verselbstständigte. Anja Harteros als Elsa ist ein Singwunder der beherzten Natürlichkeit und strahlenden Durchschlagskraft. Jonas Kaufmann ist kein Lohengrin im herkömmlichen, heldischen Sinn, eher ein suchender, lyrischer, berührender Tamino. Wolfgang Koch hat packend dramatische Töne für Telramund. Michaela Schuster als Intrigantin Ortrud bekommt von der Regie Chancen als Salonschlange.

Herzlicher Beifall des verdutzten Publikums für Sänger und Dirigenten. Für das Inszenierungsteam gab es ein Buh-Massaker.
 






 
 
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