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Wiener Zeitung, 06. Mai 2009 |
Von Gerhard Kramer |
Liederabend, Konzerthaus Wien, 4. Mai 2009
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Ausnahmesänger Jonas Kaufmann
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Kaum ein Künstler ist in Wien so rasch zum Publikumsliebling avanciert wie
Jonas Kaufmann. Gerade erst hatte er an der Staatsoper mit seinem Des Grieux
Furore gemacht. Eine Woche später sah man vor seinem Liederabend im
Konzerthaus die Schilder "Karte gesucht" – ein Rarissimum in diesem Genre!
Der Münchner ist in der Tat ein Ausnahmesänger. Was fasziniert, ist seine
spektakuläre Technik: Wahrscheinlich beherrscht heute kein anderer Tenor
eine so extreme Spannweite zwischen dem echt heldischen Metall der
kraftvollen Spitzentöne und einem tragfähigen Pianissimo, das sich in
unterschiedlichste Facetten auffächert. Zuweilen kontrastiert Kaufmann zwei
aufeinander folgende Lieder; ebenso gern aber entwickelt er höchst kunstvoll
einen Ton vom Piano zum Forte und umgekehrt. Und nur in ganz seltenen
Momenten spürt man, auf welch schmalem Grat da der Sänger wandert.
Zu all dem kommen seine Qualitäten als hochrangiger Liedsänger. Über die
heute selbstverständliche Deutlichkeit der Diktion hinaus fesseln seine
gestalterische Intelligenz, seine dezent wie zielbewusst eingesetzte Mimik,
nicht zuletzt auch sein Humor. Solcherart vergingen zu Beginn dieses Abends
die siebzehn Minuten von Schillers "Die Bürgschaft", genial vertont vom
18-jährigen Franz Schubert, wie im Fluge. Mag sein, dass dann bei Robert
Schumanns "Dichterliebe" das gewollt Kunstvolle da und dort noch dominierte.
Umso schwungvoller gelangen nach der Pause dreimal vier Lieder von Richard
Strauss, gipfelnd in der hymnischen "Cäcilie".
Am Klavier Helmut Deutsch. Wer sich ihn zum Begleiter wählte, der legte
gewiss weniger Wert auf ein pianistisches Brillantfeuerwerk denn auf eine
grundsolide Basis für sein Singen. – Großer Jubel im randvollen Mozartsaal.
Bei der fünften Zugabe, selbstverständlich einem Lied von Richard Strauss,
hörte ich auf zu zählen. |
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