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Westdeutsche Zeitung, 12. Oktober 2009 |
Lars Wallerang |
Konzert, Düsseldorf, Tonhalle, 11. Oktober 2009
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Der sanfte Held begeistert
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Stehende Ovationen für den Tenor Jonas
Kaufmann, der gestern in der ausverkauften Tonhalle gastierte. |
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Das fing ja heiter an: Dirigent Michael Güttler vergaß die Partitur zur
ersten Arie, der Kerkerszene des Florestan aus Beethovens „Fidelio“. Nun
stand der Tenor Jonas Kaufmann da, während sich der Meister der
Staatskapelle Weimar für 20 Sekunden entschuldigte, um die Noten aus dem
Künstlerzimmer zu holen.
„Auch ich werde langsam vergesslich“, wendet sich Kaufmann nun noch schnell
ans Tonhallen-Publikum. Er selber habe die Noten sicherheitshalber gerne vor
sich, und tatsächlich stand ihm zu Füßen ein kleiner Notenständer.
Als der Dirigent nun zurückkam, war die Stimmung hoffnungslos ausgelassen.
Und jetzt musste eine hoffnungslos ernste musikalische Stimmung entstehen,
denn die große Florestan-Arie gehört zum Düstersten in der klassischen
Opernliteratur. Man fragte sich etwas bang, ob ein so schlagartiger
Atmosphäre-Wechsel gelingen kann.
Und wie das klappte! Das Wort „Gott“ des ersten Ausruf „Gott, welch Dunkel
hier!“ ließ Kaufmann extrem leise wie aus dem Nichts kommen und steigerte es
in ein raumgreifendes Fortissimo, so herb und suggestiv, dass man als Hörer
sogleich gefangen war in der Kerker-Welt des „Fidelio“. Derart schnell in
einer Rolle zu sein und einen vollen Saal gefangen zu nehmen, zeugt von
besonderem Künstlertum.
Kaufmann gehört zu den wenigen deutschen Tenören von internationalem
Renommee, und damit ist er einer der wenigen Muttersprachlern fürs deutsche
Fach. Bei seiner kleinen Tournee, die ihn am 22. Oktober noch nach
Baden-Baden führt, hat er ausschließlich deutschsprachiges Repertoire im
Programm.
Neben Beethoven singt er Mozart, Carl Maria von Weber und Richard Wagner.
Aus dem Lyrischen der Tamino-Arie „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ aus
Mozarts Zauberflöte scheint er bereits etwas herausgewachsen zu sein. Die
Stimme wirkt dafür zu schwer und dunkel.
Geradezu ideal klingt Kaufmanns markantes Timbre in Webers „Freischütz“. Die
Verzweiflungs-Arie des Max gibt er mit der tief berührenden Mischung aus
heldenhaftem Forte und melancholischer Empfindsamkeit.
Nach der Pause präsentierte sich Kaufmann als der neue große Wagner-Tenor:
Sowohl für die Partie des Parsifal als auch des Lohengrin bringt er
gleichermaßen ehernes Stimmmaterial und tiefes Rollenverständnis mit. Allein
die Gralserzählung des Lohengrin rührte durch die Synthese aus Sanftheit und
Kraft.
In den Zugaben zeigte Kaufmann, dass er auch mit Puccini, Bizet und Operette
das Publikum zu stehenden Ovationen begeistern kann. Unterdessen sorgte die
Weimarer Staatskapelle für den farbigsten Orchesterklang. |
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