Neue Zürcher Zeitung, 15. April 2006
Marianne Zelger-Vogt
Wagner: Parsifal, Zürich, 13. April 2006
Zeitlos stimmungshaft
Wagners «Parsifal» neu einstudiert
Hans Hollmanns «Parsifal»-Inszenierung von 1996 hat eigentlich nie neu und aktuell gewirkt; dafür erscheint sie jetzt, sieben Jahre nach der letzten Aufführungsserie, auch nicht alt. Auf Hans Hoffers offener Bühne wird Richard Wagners Bühnenweihfestspiel zu einem durch Lichtwechsel und Bildsymbole strukturierten mystischen Traumspiel. Die Erlösung des Gralskönigs Amfortas durch den wissend gewordenen reinen Toren Parsifal vollzieht sich als ein Zerfliessen der Konturen, eine Entmaterialisierung des Gegenständlichen. Die Figuren allerdings erhalten durchaus Profil. Matti Salminen ist als Gurnemanz noch immer der grosse Erzähler, auch wenn sein Bass nicht in allen Lagen gleich sonor klingt. Thomas Hampson setzt mit seinem liedhaft expressiv gestaltenden Bariton neue vokale Höhepunkte. Rolf Haunstein als nüchterner Klingsor und Cornelia Kallisch als spröde, teils matt, teils schrill singende Kundry können der Verführungsszene im Zauberschloss auch diesmal nicht zu sinnlicher Wirkung verhelfen.

Doch im Brennpunkt steht ohnehin der neue Parsifal, Jonas Kaufmann. Wie würde der vielseitige Künstler, der eben noch im lyrischen Fach zu Hause war und sich nun in grossen Schritten auf dramatische Partien zubewegt, die Herausforderung bestehen? Seine Musikalität, seine stimmliche Substanz und seine darstellerische Präsenz boten von vornherein gute Voraussetzungen für dieses Rollendébut. Und dass die Partie in jene Höhen, wo Kaufmann in jüngster Zeit manchmal Probleme hatte, gar nicht führt, wirkt sich ebenfalls zu seinen Gunsten aus. So kann er seinen dunkel gefärbten, in der Tiefe gut abgestützten Tenor frei strömen lassen und sein kerniges, bisweilen etwas flackriges Timbre in den Dienst des dramatischen Ausdrucks stellen. Ein vielversprechender Beginn. Auch am Pult gab es ein Début: Hans Graf bringt als «Parsifal»-Dirigent die Erfahrung einer langen Laufbahn ein und vermag die Klangkultur, die Franz Welser-Möst mit dem Orchester erarbeitet hat, in hohem Mass zu bewahren. Um einen eigenständigen Zugriff auf die Partitur zu realisieren und grosse Spannungsbögen aufzubauen, hätte er aber wohl einer längeren Probenzeit bedurft. - Nur vier Tage nach der «Turandot»-Premiere hat das Haus mit dieser Reprise erneut einen gewaltigen Effort geleistet.

Foto: Suzanne Schwiertz, Zürich






 
 
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