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Albrecht Schmidt, 29.5.2006 |
Die verkaufte Braut, Frankfurt, Premiere
vom 21. Mai 2006
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Aufführung ohne böhmische Folklore: Menschen von hier und heute in ihrer
kleinen, engen Welt
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Von böhmischer Folklore, sonst oft Markenzeichen von
Smetanas Erfolgsoper "Die verkaufte Braut", ist in Stein Winges Frankfurter
Inszenierung nichts zu sehen. Für den norwegischen Regisseur könnte das
Stück überall auf der Welt angesiedelt sein.
So zeigt er Menschen von hier und heute in ihrer kleinen, engen Welt,
hermetisch abgeriegelt in einem stilisierten Dorf mit spiralartiger
Häuserfront als weißes Fachwerkgerüst, rundum zugemauert von weiß-blauen
Kachelwänden (Bühne: Benoit Dugardyn). Putzfrauen halten alles blitzsauber.
Mit einem brillanten Bühnen-Gag stellt Winge dieser peinlich reinlich
gehaltenen Innenwelt eine unkonventionelle, die Freiheit des Künstlers
symbolisierende Außenwelt gegenüber. Mit Getöse durchbricht das Gefährt des
Wanderzirkus die hintere Kachelwand; die Hippie-Insassen mischen die
Dorfgemeinschaft gründlich auf und geben dem Happy-End mit den beiden
glücklich vereinten Paaren einen übergeordneten Akzent: Der aus der Fremde
heimgekehrte Hans kriegt seine Marie und wird im Dorf akzeptiert, sein
Stiefbruder Wenzel, zu Hause als Stotterer diskriminiert, beginnt mit dem
Wanderzirkus und der Tänzerin Esmeralda ein neues Leben. Heiratsvermittler
Kecal ist der Gefoppte und darf am Ende statt Klinken die Kacheln putzen,
damit an der Oberfläche alles schön sauber bleibt.
Neben einigem Stillstand hat der Regisseur, unterstützt von Hege Tvedt,
allen Akteuren viel Turbulenz verordnet. Die schlüssige Werksicht findet in
der hervorragenden musikalischen Umsetzung ihre Entsprechung. Roland Böer
zeigt schon in der akkurat und durchsichtig musizierten Ouvertüre einen
frischen Zugriff, der den ganzen Abend über anhält.
Drei großartige Gesangssolisten sorgen für Glanzpunkte: Maria Fontoshs Marie
trifft mit jugendlich-strahlendem, in der Mittellage herrlich abgedunkeltem
Sopran die Bandbreite der wechselnden Gefühle. Jonas Kaufmann gibt dem Hans
die Züge eines Sunnyboys und wartete mit auf Hochglanz polierten
Spitzentönen auf. Ausstaffiert als pomadiger, smarter Manager ist Gregory
Frank der Heiratsvermittler Kecal, der in der dunklen Bass-Tiefe nicht
passen muss, sondern sogar an Volumen noch zulegen kann. In der Höhe prunkt
er mit funkelndem Bariton-Glanz. |
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