Die Presse.at, 20.11.2004
WALTER DOBNER
Puccini: La Rondine, ROH, London November 2004
Puccini in London: "Mit einem Anflug von Komödie"
Im Covent Garden ist Angela Gheorghiu der Star in Puccinis Operetten-Versuch "La Rondine"
Eine Wiederentdeckung: Schon die Ende der Neunziger produzierte Einspielung mit Roberto Alagna, Angela Gheorghiu und den Ensembles der Londoner Oper erhielt viele Preise. Vor zwei Jahren wagte sich das Royal Opera House an eine szenische Realisierung. Jetzt wurde die gefeierte Produktion wieder aufgenommen. Neuerlich dominiert eine Persönlichkeit: Angela Gheorghiu als Magda spielt und singt alle anderen in den Schatten. Ihren strahlenden Höhen, ihrer inneren Bewegtheit und Bühnenpräsenz kann heute niemand Paroli bieten.

Puccini nannte "La Rondine" (1917 uraufgeführt) "eine leichte, gefühlvolle Oper mit einem Anflug von Komödie, angenehm, klar, leicht zu singen". Bereits die Uraufführungs-Magda, Gilda Dalla Rizza, widersprach: Es sei eine anspruchsvolle Sängeroper. Und sie zog einen Vergleich mit "La traviata": Da wie dort steht eine Kurtisane im Mittelpunkt. Mit dem Unterschied, dass die Story bei Verdi tragisch endet, während in "La Rondine" Magda, zwischendurch in den Studenten Ruggero verliebt, schließlich zu ihrem Bankier Rambaldo zurückkehrt - kein jugendliches Happy End, aber wenigstens ein sentimentaler Ausklang.

Gerade die Libretto-Nähe zu "La traviata" (und "La Boheme") sehen manche als Grund, dass "La Rondine" bis heute durchschlagender Erfolg verwehrt ist. Oder fehlt es an zündender Dramaturgie? Schließlich steht Magda und Ruggero mit dem farblosen Dichter Prunier und dem Stubenmädel Lisette ein ungleiches Buffopaar gegenüber. An der Musik liegt's nicht: originelle Anklänge an späten Verdi wie frühen Strawinsky; viele impressionistisch gefärbte, die Handlung atmosphärisch kommentierende Melodien, oft vom Wiener Walzercharme inspiriert. Hat sich Ezio Frigerio deshalb bei der Bühnenarchitektur vom Wiener Jugendstil inspirieren lassen?

Nicolas Joel arrangierte eine bildreiche Revue, ohne näher auf die Psychologie einzugehen. Kurt Streit glänzte als Prunier, Annamaria dell'Oste wirbelte ebenso sicher als Lisette über die Bühne, Robert Lloyd war ein prägnanter Rambaldo, Jonas Kaufmann ein stimmgewaltiger Ruggero. Emmanuel Villaume am Pult bot ein solides Fundament, zog sich im Wesentlichen aber auf die Rolle eines Begleiters zurück. Dabei ist gerade das virtuose Spiel vokaler und instrumentaler Farben und rhythmischer Pointen reizvoll an dieser erst als Operette nach Wiener Vorbild geplanten, dann als "Commedia lirica" bezeichneten Oper.






 
 
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