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Neue Luzerner Zeitung, 14. 01.
2003 |
VON FRITZ SCHAUB |
Mozart: Idomeneo, Zürich, Januar 2003
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Am Original orientiert
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Mit einfachen szenischen
Mitteln legt Regisseur Klaus Michael Grüber die innere Kraft und die
komplexe Dramatik von Mozarts Oper «Idomeneo» frei. |
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Es liest sich beinahe wie eine Kampfansage an
die historische Auflührungspraxis, was in der Opernhaus-Gazette steht. Da
tritt der Dirigent Christoph von Dohnányi entschieden dafür ein, dass
Mozarts Musik mit modernen Instrumenten interpretiert werden müsse. Eine
Absage an die historische Aufführungspraxis? Nicht unbedingt, sofern man
diese nicht einfach gleichsetzt mit authentischen Instrumenten. Das
Opernhausorchester spielt in der Tat auf modernen Instrumenten. Aber wie es
schon die Ouvertüre spielt, mit sattem, aber klar geformtem Streicherklang,
bedachtsamem Vibrato, gespannt federndem Rhythmus, wie Dohnányi energisch
die Zügel in die Hand nimmt und die Fäden gespannt hält, zeigt: Das
Orchester orientiert sich ganz am Original, und das heisst an der
Ausdruckskraft dieses szenischen Durchbruchswerks Mozarts. Dass es in den
letzten Jahren eng mit Harnoncourt zusammengearbeitet hat und davon
deutliche Spuren geblieben sind, ist in diesem Zusammenhang auch kein
Nachteil.
Grosser voller Klang
Dohnány pflegte, für den als eher kühler Analytiker bekannten Dirigenten
eigentlich erstaunlich, durchaus einen grossen, vollen Klang, aber er
unterlief jede Gemütlichkeit, indem er ihn jederzeit in gespannte Relation
zur Form setzte, ohne zu den schroffen Akzenten greifen zu müssen, wie sie
manchmal bei Harnoncourt quälend irritieren. Bei ihm bleiben Expression und
Schönheit, gedrängte Dramatik und Rundung des Klangs jederzeit im
Gleichgewicht. Das bezieht sich gerade auch auf den deutlich in Kreter und
Trojaner aufgeteilten Chor, der hier eine Hauptrolle innehat, bald entspannt
im Raum verteilt (am Ende des ersten Aktes beim Intermezzo mit der Huldigung
Poseidons sogar beidseits des Zuschauerparketts), bald zu dramatischer Kraft
gebündelt singt.
Stilistische Sorgfalt auch bei der Sängerbesetzung: die Kastratenpartie des
Idamante wurde mit einer Mezzosopranistin besetzt (Liliana Nikiteanu, der
Spitzentöne manchmal etwas Mühe bereiteten), der Idomeneo mit einem
anerkannten Mozart-Sänger, der über einen schlanken, beweglichen Tenor und
auch über Koloraturfertigket verfügt (Jonas Kaufmann). Diese Partie ist
sängerisch so dankbar, dass sich auch zwei der drei Tenöre (Pavarotti und
Domingo) in ihr mit unterschiedlichem Gelingen versucht haben. Dass sie
dabei auf die einfachere Fassung (ohne Koloraturen) auswichen, ist
verständlich und auch legitim. Kaufmann freilich singt die schwierigere
Fassung, und sie bereitet ihm keinerlei Schwierigkeiten. Überraschend ist,
wie er seinen eher leichten Tenor dennoch zu steigern und ihm Glanz und
Kraft abzugewinnen vermag.
Schwer gezeichneter Idomeneo
Als Figur aber zeigt er einen durch Krieg und Sturm schwer gezeichneten
Herrscher, der, obwohl totgesagt, den Sturmfluten entkommen ist und in der
Folge unter der Last ächzt, die ihm der Gott Neptun auferlegt hat: Idomeneo
soll den ersten Menschen, dem er begegnet, opfern - und das ist sein Sohn,
der zugleich auch sein Konkurrent ist.
Es sind vor allem diese beiden Komponenten, welche die Inszenierung sehr
schön herausarbeitet: Hier ist es der Gewissenskonflikt des Herrschers, der
für das Unglück seines Landes verantwortlich ist und nun vor der
Entscheidung steht, das Opfer zu vollbringen, um das Land zu befreien; auf
der anderen Seite ist es die Befindlichkeit der Personen, sei es innerhalb
eines Familienverhältnisses (Vater-Sohn-Beziehung), sei es innerhalb eines
Dreieckskonflikts (Idamante-Ilia-Elettra).
Der Sichtbarmachung des inneren Zustandes dienen nicht Eva Desseckers
Kostüme, welche die in pathetisches Blau gekleidete Elettra (Luba Orgonasova
ohne hysterische Überzeichnung der Partie) klar abgrenzen von den fast
pubertär jugendlichen Idamante und Ilia (die bei allem Schöngesang eine
gefestigte Haltung zum Ausdruck bringende Malin Hartelius), sondern auch der
szenische Rahmen mit den wechselnden malerischen Abstraktionen von Gilles
Aillaud, welche die kretischen Schauplätze andeuten. |
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