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Allgemeine Zeitung vom
30.05.00 |
Von Siegfried Kienzle |
Mozart: Cosi fan tutte, Frankfurt, Mai 2000
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Im Schatten des Vulkans
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Schemenhaft zeichnet sich die Kontur des Vesuvs
ab im blassen Himmel über Neapel. Der Vulkan spielt mit in dieser Geschichte
von der verratenen Liebe und dem Verlust des Vertrauens, wie sie Annegret
Ritzel, Intendantin in Koblenz, in einer Gastregie an der Oper Frankfurt
erzählt.
Zu Beginn, als der Pakt unter den Männern geschlossen wird, ihre Bräute in
Verkleidung zum Treubruch zu verleiten, qualmt nur ein leichtes Wölkchen aus
dem Krater. In den Verführungsszenen von Mozarts "Cosí fan tutte" wird es
wahrhaft ein Spiel mit dem Feuer: Glut schwebt über dem Vulkan, rötlich
färbt sich der Himmel und zuletzt fällt ein Ascheregen auf die mutwillig
zerstörten Liebespaare.
Johannes Leiacker hat eine hölzerne Plattform schräg in den Orchestergraben
gebaut. Zuerst ist das eine luxuriöse Dachterrasse, von der aus die Damen im
Badeanzug oder mit Tennisschläger dem Freizeitvergnügen nachgehen. Schwarze
Lavablöcke dienen als Sitzgelegenheit, die Auftritte erfolgen von unten über
eine Bodenluke. Zuletzt wirkt die verwüstete Spielfläche wie ein
abgetakeltes Floß, auf das sich Schiffbrüchige gerettet haben - nun treiben
sie ziellos dahin ins Nirgendwo.
Annegret Ritzel, vor ihrer Koblenzer Intendanz lange die Leiterin des
Sprechtheaters in Wiesbaden, hat bisher überwiegend Schauspiel inszeniert.
Das merkt man: betrachtet sie die Figuren doch mit allzu viel Aktion. Schon
während der Ouvertüre, die damit leider zur Hintergrundmusik degradiert ist,
muss die Zofe Despina tüchtig werkeln als Putzfrau.
Mit den Zeitebenen fährt Ritzel Achterbahn durch die Jahrhunderte: Die
Männer kommen aus der Mozartzeit, die verlassenen Bräute drapieren ihre
Verzweiflung mit dem Reifrock und den zerrauften Perücken einer heroischen
Barockoper. Der Chor trägt die Abendgarderobe von heute.
Interessant aufgewertet ist die Figur des Drahtziehers Alfonso. Andreas
Macco, der seinen schlanken Bass wie ein Florett führt, ist ein dämonischer,
schwarzer Kavalier, ein mephistophelischer Verführer, der die Illusion von
Liebe und Glück vernichtet. Seine Helferin Despina (ausgezeichnet: Barbara
Zechmeister) will sich als abgerackerter Dienstbote rächen an den feinen
Dämchen, die sich den Luxus von Gefühlen leisten dürfen. Das sind konsequent
durchgezeichnete Psychostudien.
Bravourös die Gesangsleistung. Der Tenor Jonas Kaufmann hatte in der
Rolle des Ferrando bei den Maifestspielen in Wiesbaden einen umjubelten
Auftritt mit dem Cosí-Gastspiel aus Mailand. Auch in Frankfurt lässt
Kaufmann mit seiner lyrischen Diminuendo-Phrasierung und heldischer
Strahlkraft aufhorchen.
Weit. Auff: 8., 10., 12., 16. 6.; |
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