HörZu, 07. Oktober 2014
INTERVIEW: THOMAS KUNZE
 
 
Interview mit Jonas Kaufmann
Ein Höhepunkt für alle Freunde der klassischen Musik: Bei der Gala zum ECHO KLASSIK werden wieder die besten und erfolgreichsten Künstler des Jahres gekürt. Zur Verleihung, die am 29. Oktober im ZDF aus der Hamburger Elbphilharmonie übertragen wird, begrüßt Gastgeber Thomas Gottschalk Größen wie die Mezzosopranistin Joyce DiDonato, den Geiger Daniel Hope und Tenor Jonas Kaufmann, der bereits zum achten Mal mit dem ECHO KLASSIK geehrt wird. Grund genug für ein exklusives HÖRZU-Interview mit dem Weltstar.

HÖRZU: Herr Kaufmann, Glückwunsch! Sie sind als Sieger die Konstante der Veranstaltung. Macht Sie das stolz?

JONAS KAUFMANN: Ich freue mich darüber, klar. Man kann sich aber auch fragen: Wo sind die anderen? Es ist irgendwie beängstigend, wenn der Markt so klein wird. Die Zeiten können sich allerdings schnell ändern, in fünf Jahren kann alles ganz anders aussehen. Ich rechne damit, dass jüngere Sänger bis dahin stärker ins Rampenlicht rücken. Deshalb genieße ich jetzt die Anerkennung und bemühe mich darum, jedes Jahr eine CD mit guter Musik aufzunehmen,
auch wenn man theoretisch mehr machen könnte.

Woran scheitert das?

Dafür fehlt die Zeit. Ich habe ja noch andere Verpflichtungen auf der Opernbühne, dazu kommen Liederabende. Ein Album braucht Zeit in der Vorbereitung, bei der Auswahl und der Aneignung des Repertoires. Zudem bin ich an der Nachbereitung, der Postproduktion, beteiligt.

Sie sind also voll eingebunden?

Ja, denn ich möchte nicht, dass ein Aufnahmeleiter oder Produzent für mich entscheidet, welches die beste Version von mir ist. Das möchte ich selbst bestimmen. Aber dadurch wird es zeitaufwendig.

Sie erhalten den Preis als Bestseller des Jahres für „Dolce Vita“. Entsteht dadurch nicht ein großer Erfolgsdruck, weil man sich einen ebenso erfolgreichen Nachfolger wünscht?

Ach, ich könnte mir in der Hinsicht sicher einen Ausrutscher leisten. Wichtiger ist, dass ich es bisher immer geschafft habe, Alben aufzunehmen, von denen ich komplett überzeugt war. Ich folge meiner eigenen Linie, keinen Marketingstrategien.

Täuscht der Eindruck, oder streuen Sie bewusst immer wieder anspruchsvollere Alben ein wie zuletzt „Das Lied von der Erde“ von Gustav Mahler?

Meine Hoffnung ist, dass die Hörer des „Dolce Vita“-Albums, das Sehnsüchte wecken soll, vielleicht auch neugierig auf die Lieder von Mahler werden. Ich glaube an den Effekt, dass man die Leute über diesen Weg auch für Nischen begeistern kann.

Wie schätzen Sie das bei Ihrem neuen Album „L’Opéra“ ein? Sind französische Opernarien des 19. Jahrhunderts nicht eine echte Nische?

Neue Verkaufsrekorde werde ich damit wahrscheinlich nicht aufstellen. Das französische Repertoire gilt als wenig populär. Aber ich würde einen Teil meiner Glaubwürdigkeit als Künstler verlieren, wenn ich nur Musik für die breite Masse aufnehmen würde. Diese französische Musik ist eine Herzensangelegenheit für mich.

Welchen Bezug haben Sie dazu?

Die Partie des Wilhelm Meister in „Mignon“ war 2001 meine erste große französische Rolle. Das hat damals nicht so richtig funktioniert, weil ich die Sprache nicht konnte. Danach habe ich mich intensiv damit beschäftigt und Französisch gelernt, um das angemessen zu interpretieren.

Was zeichnet diese Musik aus?

Paris war im 19. Jahrhundert das Zentrum der Opernmusik. Die Franzosen haben zu der Zeit viel stärker mit Emotionen gespielt als deutsche Komponisten, auf sehr geschmackvolle Weise. Faszinierend ist dabei die Kombination klassischer deutscher literarischer Werke von Goethe und Schiller mit der französischen Musik. Das ist eine Symbiose von deutschem Tiefsinn und französischer Fantasie.

Noch mal zum ECHO. Die Gala wird in der Elbphilharmonie veranstaltet. Sie sind dort bereits aufgetreten. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Die Stärke des Saals ist die klare, direkte Akustik, die nichts beschönigt. Die Töne werden nicht wattiert. Aber ich empfinde die Akustik als analytisch und ein wenig kalt. Man hört die leisesten Anschläge, auch jeden Fehler und leider auch jede Kleinigkeit des Publikums. Jeder Huster wird verstärkt. Das macht es nicht einfach.

Das Gehuste in Konzerten ist ein seltsames Phänomen, oder?

Ich habe die Theorie, dass die Leute so mitgehen, dass sie zu schlucken vergessen und es zum Hustenreiz kommt. Natürlich kann niemand etwas dafür, wenn er husten muss. Die Leute sind ja in Not. Es ist nur die Frage, wie man es macht. Es geht auch dezent.

Eine Verletzung an den Stimmbändern zwang sie Anfang des Jahres zu einer längeren Pause. Ist das ausgeheilt?

Ja, längst. Sonst könnte ich nicht wieder auf der Bühne stehen. Nach Lohengrin und meinem Otello-Debüt in London, singe ich gerade Don Carlos in Paris. Einige Fans haben mir gesagt, die Stimme sei größer und stärker geworden nach der Pause, die mir in dieser Hinsicht offenbar gutgetan hat. Dass sie überhaupt nötig wurde, hat mich sehr geärgert. Aber man kann das nicht ändern, das passiert ja nicht mit Absicht.

Dafür werden Sie jetzt bei der ECHO KLASSIK Gala dabei sein?

Ja, auf jeden Fall. Und ich freue mich wirklich sehr darauf.






 
 
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