Vorarlberger Nachrichten, 11. September 2015
 
„Puccini hat die Herzen der Menschen erreicht“
Der Startenor spricht im „VN“-Interview über seine Liebe zu Puccini.
 
Nach seinem bejubelten Florestan im „Fidelio“ der Salzburger Festspiele beglückt Jonas Kaufmann, „König der Tenöre“, wieder den Rest der Welt. In Österreich wird er erst wieder im April („Tosca“) und Juni (Solistenkonzert) in der Wiener Staatsoper zu Gast sein. Aber als Trost hinterlässt er „Nessun Dorma – The Puccini Album“ (De Luxe Edition mit Bonus-DVD, CD-Repertoire auch auf Vinyl) – seit heute erhältlich. Mit zeitlichem Abstand folgt sein Puccini-Konzert aus Mailand (zwei DVDs und Blu Ray).

Erste Kostproben aus dem Puccini-Album erleben wir morgen, wenn der NDR (ab 21.45 Uhr live) aus der Royal Albert Hall in London die „Last Night Of The Proms“ überträgt. Für Sie ein ehrenvoller Auftritt?

Kaufmann: Ja, weil sie mich neben den Puccini-Arien auch „Rule, Britannia! – Tribute To The British Empire“ singen lassen. Den Archiven nach bin ich, was dieses Stück betrifft, der erste deutschsprachige Sänger in der Geschichte der Proms.

Dem Großmeister Verdi haben Sie ja bereits vor zwei Jahren ein Album gewidmet. Jetzt ist Puccini dran. Was bedeutet er für Sie?

Kaufmann: In den letzten zwanzig Jahren seines Lebens war er so berühmt wie Madonna in ihrer größten Zeit. Er verdiente so viel wie die Hollywood- Stars. Nicht zuletzt durch Enrico Caruso wurde er noch populärer als Giuseppe Verdi. Bei den Aufnahmen des Albums konnte ich auch Puccinis Entwicklung gut verfolgen. Er hat uns Material hinterlassen, das in seinen Tönen unglaublich reich ist. „Turandot“ war der absolute Höhepunkt. Bei Verdi haben den Menschen Heldentum und Patriotismus gefallen, doch Puccini hat ihre Herzen erreicht. Auch meines. Ich fühle mich extrem glücklich, dass ich dieses Repertoire aufnehmen durfte. Und ich habe dabei noch eine interessante Erkenntnis gewonnen.

Nämlich?

Kaufmann: Mit der Zeit wurden seine Arien viel kürzer. Das mag mit der Erfindung der Schellacks und dem großen Star Caruso zu tun haben. Auf den Schellacks ging sich eben nur eine gewisse Minutenanzahl aus. Puccini war auch, im Vergleich zu Verdi oder Wagner ein sehr moderner Komponist, immer nahe am wirklichen Leben. So einmalige Töne wie bei ihm habe ich bei Wagner nie gehört. Manche meinen sogar, Puccini sei eigentlich der erste Filmmusiker gewesen.

Welche Puccini-Oper ist für Sie die beste?

Kaufmann: „La fanciulla del West“. Nicht leicht zugänglich. Auch Mitglieder der Wiener Philharmoniker gestanden mir, wie schwer sie sich anfangs damit getan hatten. Erst während unserer gemeinsamen Vorstellungen an der Wiener Staatsoper haben sie entdeckt, wie wundervoll diese Musik ist. Und wie verschieden von allem anderen.

Das Mailänder Konzert wird in mehr als tausend Kinos in über vierzig Ländern zu sehen sein. Machen Ihnen bei den Auftritten Kameras nichts aus?

Kaufmann: In Mailand etwa sind mir die nur anfangs aufgefallen, dann überhaupt nicht mehr. Vor Kameras verkrampfe ich mich jedenfalls nicht, ich singe nicht anders als sonst. Es wäre völlig falsch, sich wegen der Kameras andere Nuancen auszudenken. Prinzipiell, denke ich, habe ich ein sehr gutes Verhältnis zu Kameras.

Welche neuen Partien werden Sie einstudieren?

Kaufmann: „Otello“ kommt im Juni 2017 in London. Es wäre vielleicht Zeit für den „Tristan“ – aber nicht in den nächsten fünf Jahren.















 
 
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