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Merkur, 21.05.2010 |
Das Gespräch führte Tobias Hell |
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Interview mit Jonas
Kaufmann: „Einfach den Turbo zuschalten“
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München - Karten für die anstehenden
Staatsopernauftritte von Tenorstar Jonas Kaufmann in „Carmen“ und „Tosca“
sind schon jetzt Mangelware. Vor seinem Auftritt sprach der Künstler über
sein Münchner Konzert, Italienisches bei Wagner und den hohen
Erwartungsdruck. |
„Ich halte mich für sehr locker“: Star-Tenor
Jonas Kaufmann (40) gastiert am kommenden Dienstag mit einem Arien-Abend
im Münchner Gasteig. foto: Dietmar Scholz |
Auf
was darf sich das Publikum bei diesem Konzert freuen?
Man muss sich ja immer ein Motto geben. Sinn und Zweck meiner letzten CD, an
der sich jetzt auch das Programm für das Konzert orientiert, war es zu
zeigen, was in der deutschen Oper alles unter dem Begriff „Romantik“ gefasst
werden kann. Das reicht vom „Parsifal“ bis zur „Zauberflöte“ und Schubert.
Nach dem Erfolg als Lohengrin 2009 kommen jetzt wahrscheinlich vor
allem Wagner-Angebote.
Natürlich, doch das war jetzt mit „Werther“ in Paris genau das Gleiche. Da
gab es viele, die mir gesagt haben: nur noch französische Opern. Aber das
wäre furchtbar langweilig. Eine Oper kann noch so gut sein, wenn ich sie
zwei Jahre lang ausschließlich singen müsste, ich würde sie hassen lernen.
Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn etwas zur Routine wird und keine
Kreativität mehr dahinter steckt. Das hat kein Stück verdient.
Nach dem „Lohengrin“ hieß es, Sie sollten bei Wagner bleiben.
Das werde ich sicher nicht machen. Ich glaube, dass ich diesen Partien nur
dann etwas Besonderes geben kann, wenn ich versuche, die Erfahrungen aus dem
italienischen und französischen Fach oder auch vom Lied mit hineinzubringen.
Außerdem hat Wagner selbst immer wieder betont, dass eine ideale
Interpretation seiner Musik auf dem italienischen Gesang beruht.
Das dürfte in der Praxis nicht immer einfach sein.
Es ist klar, dass das bei vielen Stücken sehr schwierig zu erreichen ist,
weil es oft sehr lange Passagen gibt, bei denen man einfach den Turbo
zuschalten muss. Deshalb darf man die Italianità aber nicht aus den Augen
verlieren. Ich habe neulich eine historische Aufnahme von Alessandro Ziliani
gehört, „Lohengrin“ auf Italienisch. Das hatte eine solche Weichheit, dass
es schon fast in Richtung Puccini ging.
Da scheint es konsequent, dass vor Ihrem diesjährigen Bayreuth-Debüt
für München noch eine neue „Tosca“ ansteht.
Generell steckt da schon Konzept dahinter, dass ich versuche, verschiedene
Operngattungen möglichst abwechselnd zu machen. Das ist sicher manchmal
extrem, wenn es dicht aufeinander kommt. Ich glaube trotzdem, dass es mir
gut tut. Auf die „Tosca“ freue ich mich vor allem, weil es meine erste große
italienische Premiere in München sein wird. Gerade weil ich hier geboren bin
und es das Haus ist, in dem ich Oper kennengelernt habe, liegt mir das
besonders am Herzen.
Hier galt für Sie ja lange der Spruch vom Propheten im eigenen
Lande...
Es hat eine Weile gedauert, umso mehr genieße ich das jetzt. Als Kind träumt
man ja nicht gleich von der Met, sondern man träumt von dem Haus, das man
kennt. Also hätte es für mich gar nicht besser laufen können.
Wie gehen Sie mit Druck um?
Inzwischen sind die Erwartungen sehr hoch: Wenn Jonas Kaufmann singt, muss
es ein Event sein. Von solchen Gedanken muss ich mich frei machen, weil ich
sonst nur noch an Töne und Technik denken würde. Ich halte mich da aber für
sehr locker. Ich mache das, was ich kann, so gut, wie ich es kann. Nur weil
der Druck größer wird, kann ich nicht versuchen, die Sache jedes Mal noch
spektakulärer zu machen. Gerade die besonderen Momente können auf der Bühne
nur spontan aus der Situation heraus entstehen.
Gab es auch so einen besonderen Moment, der Ihre Liebe zur Oper
geweckt hat?
Als Kind habe ich viel im Nationaltheater gesehen. Ich erinnere mich zum
Beispiel an eine wundervolle „Carmen“ mit Carreras. Später habe ich während
der Schulzeit am Gärtnerplatz im Chor gesungen und durfte an der Staatsoper
einen der Bauern im „Ubu Rex“ machen. Das war natürlich klasse. Umso mehr
hat es mich später gewurmt, dass ich nach dem Studium lange keinen Fuß in
die Tür der Münchner Oper bekommen habe. Ich hoffe wirklich, dass München so
etwas wie ein Stammhaus wird. Wir planen schon bis 2015, man wird mich hier
also in Zukunft auf alle Fälle regelmäßig sehen. So viel darf ich schon
verraten. |
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