ZDF (Zweites Deutsches Fernsehen), aspekte, 18.01.2008
von Wolfgang Herles
 
Jonas Kaufmann - Der Tenor im Porträt
 
Text des Kommentars
Von der Mathematik zur großen Bühne
Der deutsche Weltklasse-Tenor Jonas Kaufmann
So hat Pavarotti sich wohl nicht vorbereitet. Im Opernhaus Zürich macht er Leib und Stimme schmiegsam wie ein Leistungssportler: Jonas Kaufmann, kurz vor Beginn von "La Bohème".Seine lampenfieberfreie Unbeschwertheit ist das eine. Das andere sein fulminantes Spiel mit Emotionen - denen des Publikums und den eigenen: eine Farbpalette unzähliger Stimmungen.

"La Traviata" singt er zurzeit im Royal Opera House. Jonas Kaufmann ist ein Romantiker, der sich nicht von sich selbst berauschen lässt. Überraschend ist zum Beispiel, dass er vor der Bühnenkarriere zunächst Mathematik studierte, denn er war sich seines Talents keineswegs sicher. Und zu Beginn ging seine Karriereauch nicht wie im Traum und immer nur bergauf. Im Stadttheater Saarbrücken stand er einst vor dem Aus.

Mit Anna Netrebko in "La Traviata"

In London steht er nun mit Mega-Star Anna Netrebko auf der Bühne. Mithalten kann er auch mit einem weiteren Superstar, Rolando Villazón - der Kaufmanns Partie in "La Traviata" noch in Salzburg sang. Rolando Villazóns Stimme hat inzwischen ernsthaft Schaden genommen. Er pausiert seit Monaten. Kaufmann kennt die Gefahr, er sagt lieber ab, wenn er sich nicht fit fühlt.

Tenöre werden heute in Schubladen gesteckt: italienisches Fach, deutsches Fach, lyrischer Tenor, dramatischer Tenor. Kaufmanns Stimme aber gibt alles her. Das unterscheidet sie. So gehört zu seinem Repertoire beispielsweise auch Friedrich von Flotows "Martha".

Weg an die Spitze

Jonas Kaufmann erinnert vor allem an einen großen deutschen Sänger vergangener Tage: den mit 36 Jahren tödlich verunglückten Fritz Wunderlich - ein Idol Kaufmanns. Je berühmter er nun wird, desto größer ist der Leistungsdruck. In Zürich, "La Bohème" ist gemeistert, geht's ab nach Hause, zu Frau und drei Kindern. Jonas Kaufmann: Ein deutscher Tenor am Beginn seines Weges an die absolute Spitze.

von Wolfgang Herles






 
 
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