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volksblatt, 16. Juni 2020 |
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Ein Otello für die Ewigkeit
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Startenor Jonas Kaufmann im Gespräch über sein neuestes Album
Anlässlich der Neuerscheinung von Verdis „Otello“ auf Tonträger mit dem
Startenor Jonas Kaufmann bei Sony Classical wurde von Rom aus eine virtuelle
Welt-Pressekonferenz veranstaltet, moderiert von Andrea Penna.
Das
VOLKSBLATT war dabei und hatte Gelegenheit, von Jonas Kaufmann und dem
Dirigenten Antoni Pappano (60) zu deren gemeinsame Produktion viel
Wissenswertes über die Entstehung der Deluxe Edition zu erfahren. Darüber
informierten im Vorfeld zusätzlich auch Videoaufnahmen aus dem Studio mit
Ausschnitten aus der Oper, deren Gesamteinspielung im vorigen Sommer in
Italien eine zweiwöchige intensive Arbeit beanspruchte.
Ein ganz
persönlicher Wunsch des Startenors Viel mehr Aufwand an privilegiertem
Einsatz und Liebe zu dem Werk ist kaum vorstellbar. Immerhin handelt es sich
nach sechzig Jahren um den ersten römischen Otello seit der legendären
Living-Stereo-Aufnahme mit John Vickers in der Titelrolle. Ein ganz
persönlicher Wunsch von Kaufmann, Otello zu erobern, eine Traumpartie, mit
der er sich nicht umsonst einige Zeit ließ nach mehreren wichtigen Rollen im
italienischen Fach. So gab es für ihn einigen Otello-Vorgeschmack auf der
Bühne, bis zu einer unstillbaren Sehnsucht nach der Darstellung der
Titelrolle in der Tragödie von Shakespeare, um den wie — bekannt ist — auch
Verdi ein Leben lang gerungen hatte, bis er erst als Siebzigjähriger mit der
kraftvoll-feurigen Partitur das erstaunliche Wunder der Musikgeschichte
komponierte. Ob Kaufmann bei dem Eifersuchtsdrama selbst eifersüchtig ist?
„Ich habe keine Gelegenheit dazu“.
Die erste Berührung Kaufmanns mit
dem Werk geht auf das Jahr 2001 zurück. Es war noch die Rolle des braven
Cassio in Chicago, erst 2017 folgte das umjubelte Rollendebüt als mordender
Otello am Royal Opera House in London und 2018 vertiefte Kaufmann seine
Darstellung der Figur an der Bayerischen Staatsoper in München. Jetzt hat
der Startenor seinen Otello für die Ewigkeit geschaffen. Ob die Partie den
für sein vielfältiges Repertoire geschätzten Startenor ein Leben lang
begleiten wird, „das weiß ich ganz sicher“. Seinen treuen Mitstreiter am
Pult Antonio Pappano nennt er einen Glücksfall und hat schon zahlreiche
Aufführungen mit ihm bestritten.
Auch die jetzige Studioaufnahme
entstand durch Pappanos Betreiben. Aber nicht allein Rosen haben sich die
beiden in der Konferenz gestreut, sondern den Dialog immer wieder in
fachliche Richtungen gelenkt. Etwa die Unterschiede zwischen der Musik von
Puccini und Verdi, auch Wagner, und warum gerade der Otello die totale
Identifikation mit der Rolle fordert, weil sie bei Kaufmann „nicht gespielt,
sondern gelebt wird“. Die Farben der Musik, das Feuer, die Leidenschaft, die
ganze Palette an emotionaler Kraft, das höchste Expressivum, „aber es ist
fantastisch zu singen, wenn man die ekstatischen Ausbrüche unter Kontrolle
hat“, wie auch Karajan einst meinte. Kann man das alles realisieren im
Studio? „Ja, und ob, es muss Spannung herrschen wie auf der Bühne und keine
Sekunde des Rastens zulassen“.
Herausragende Elitebesetzung Dass
das gelingt, dafür garantiert auch die herausragende Elitebesetzung: die
Desdemona von Federica Lombardi, der Jago von Carlos Alvarez, der Cassio von
Liparit Avetisyan, der Rodrigo von Carlo Bosi u.a. Stimmen mit dem Orchestra
e Coro dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Kaufmann-Fans dürfen ein
Erlebnis im Wohnzimmer erwarten.
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