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Der Opernfreund, 30.10.2019 |
Ingrid Wanja |
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Für den Gabentisch
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Auf weißem Grund prangen wie gemeißelt
großformatige goldene Buchstaben, der Name Jonas Kaufmanns, dessen Abbild
relativ kleinformatig in Schwarz-Weiß-Druck wie verlegen über den Aufwand
eines dickleibigen Bildbands zu seinen Ehren die Arme verschränkt und
lachend den Blick senkt. Drei Texte gehen den zahlreichen Abbildungen voraus
und sind typisch für den Umgang in deutschsprachigen Landen mit dem Starruhm
welcher Art auch immer, besonders aber in der Klassik.
Nikolaus
Bachler, Intendant in München, wo der Tenor viel singt, rühmt an ihm, dass
er die Sehnsucht der Menschen in der heutigen heroenlosen Zeit nach dem
wahren Helden stillt, womit er nur bedingt recht hat, denn Kaufmann
brillierte gerade auch mit der Darstellung des allzu sensiblen Antihelden
wie Werther oder Don Carlo. Er schätzt an ihm das unermüdliche Ringen „um
das Wesen seiner Kunst“ und meint, dass dies auch seine Beliebtheit beim
Publikum bedinge. Aber würde das Publikum einen 450seitigen Bildband kaufen,
wenn der Gefeierte zwar eine ebenso schöne Stimme und künstlerischen Ernst
zeige, aber glatzköpfig, dicklich und bebrillt wäre?
Christine
Cerletti, die nicht mehr in die Oper geht, weil die moderne Regie sie
abschreckt, stieß über die „Wintereise“ und die in ihr eingesetzte
Tenorstimme auf das Phänomen Kaufmann und entschloss sich wegen der Stimme,
nicht nur Mäzenin, sondern auch Mitarbeiterin am vorliegenden Werk zu
werden.
Thomas Voigt, Biograph Kaufmanns, lobt die Wandlungsfähigkeit
seines Künstlers, der nie in Routine erstarre.
Nicht einer der Drei
erwähnt, dass Jonas Kaufmann ein ungewöhnlich schöner, charmanter, Sexappeal
ausstrahlender Mann ist, dass zunächst einmal aus diesem Grund Hunderte von
Fotos für den Betrachter sehenswert sind und danach, je nach Betrachter mehr
oder weniger, die sich in ihnen demonstrierende Wandlungsfähigkeit. In
Italien geht man mit la bellezza unbefangener um, überbetont ihre Bedeutung
vielleicht, verschweigt sie aber nicht, wie es hier in allen drei Beiträgen
geschieht. Wer sich auf Youtube „Parla più piano“ aus der Mailänder Scala
ansieht, wird verstehen, woraus auch sich der Ruhm des deutschen Tenors
nährt, was keine Schande ist und deshalb auch nicht verschwiegen werden
sollte.
Die Artikel und Bildunterschriften gibt es in Deutsch und
Englisch, Eine Bilderreise oder A Picture Journey lautet der Untertitel und
nimmt den Leser, dem allerdings nur ein englisches Inhaltsverzeichnis
geboten wird, mit durch einen Band wunderschöner Fotos, mal nach Komponisten
geordnet (Mozart, Verdi, Puccini, Verismo, Wagner, französisches Repertoire,
deutsches Repertoire), mal nach Situationen (Proben, Aufnahmen, Tourneen),
mal nach Gattungen (Lied) und teilweise mit kurzen Kommentaren des
Portraitierten. Auf den Fotos findet sich bestätigt, was von Thomas Voigt
behauptet wurde: die enorme Wandlungs- und Ausdrucksfähigkeit des Sängers,
der auch nicht davor zurückschreckt, dem intensiven Ausdruck die Schönheit
zu opfern. Am bewegensten sind die Abbilder des nachdenklichen, versonnenen,
in die Musik versunken erscheinenden Jonas Kaufmann, aber jeder glückliche
Besitzer des Buchs wird sich seine Lieblingsbilder aus dem unermesslich
gehaltvollen Schatz zusammenstellen.
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