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Kleine Zeitung, 15. Oktober 2019 |
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Jonas Kaufmann singt in Wien bald wieder Oper
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Die Präsentation der "Wien"-CD von Jonas
Kaufmann und seines Fotobands "Bilderreise" im Wiener Musikverein war am
Dienstag, Nachmittag von Babygeplapper im Hintergrund begleitet. Der ganz
kleine Kaufmann, der "stählt noch seine Stimme", kommentierte Papa Jonas die
Zurufe seines jüngsten Kindes. "Da geht noch was. Das war nur mezzopiano."
Mehr mezzopiano als großes Opernstarrepertoire ist auch seine eigene
Beschäftigung mit der Wiener Musik, die er gestern erstmals im Wiener
Konzerthaus mit Operettenhits und Wienerliedern präsentiert hat. "Diese
Musik ist nicht für einen Startenor geschrieben", so Kaufmann heute. "Das
funktioniert nicht mit Akademik, oder mit Druck - das muss Spaß machen, da
muss man sich über sich selbst lustig machen können - sonst kann es nicht
blühen."
Und auch nicht ohne einwandfreien Wiener Dialekt. "Mit den
Sprachen geht es meist einfacher bei mir, als bei anderen. Außerdem bin ich
bei meinen Großeltern in Tirol mit dem ORF aufgewachsen", erzählte der
deutsche Tenor heute im Gespräch mit Barbara Rett. "Da hat man den Kasperl
und den Petzi und 'Am Dam Des' gesehen und das ist etwas, das prägt - und
mich bis heute fröhlich stimmt."
Auf die CD Eingang gefunden hat
vieles, "was einfach ein Muss ist" und manches, was Kaufmann "wahnsinnig am
Herzen gelegen ist": "Der Tod, das muss ein Wiener sein" von Georg Kreisler
etwa, weil "dieser bissige, satirische Nachkriegshumor, der ist Teil der
Geschichte dieser Stadt und auch ein Teil dessen, wie man mit ihr umgeht:
Weglächeln und weitermachen".
Den Konzertauftakt machte Kaufmann
gestern allerdings mit Strauß' "Nacht in Venedig", mit dem ihn eine
besondere Beziehung verbindet: "Noch während meines Studiums, habe ich den
Caramello im Stadttheater Regensburg gesungen. Das war für mich eine
wichtige Zeit, ich habe meine Ängste abgebaut, habe gelernt: nach zwölf
Vorstellungen bist du nicht mehr aufgeregt, nach 20 bist du wahnsinnig
gelangweilt, und danach kommt irgendwann der Punkt, wo man diese Sicherheit
ausnutzt, um etwas zu probieren und viel mehr auf das achtet, was man tut."
Was er tut auf der Bühne, das kann man nicht zuletzt in dem neuen
Bildband nachschauen, der Material von mehr als 400 Fotografen versammelt -
Fotos von verschiedensten Rollen, teilweise aus Videos als Filmstills
geschnitten, aber auch Urlaubsbilder und nicht zuletzt eigene Fotografien.
Die Idee für diese "Bilderreise", so der Titel, habe ihm zunächst "kein
Juhu" entlockt, gestand Kaufmann. "Ich dachte: Die fünf Pressefotos kennen
wir doch alle." Schließlich sei er aber hineingewachsen in das
"Geschichtsbuch", das "viele Erinnerungen weckt".
Wichtig ist für
Kaufmann stets die spontane Emotion, aus der dann die "wahre Geste"
entstehen kann - "die überträgt sich dann, auch wenn sie klein ist, in die
hintersten Reihen eines großen Saales. Weil man sie lesen kann". Bei
Konzerten sieht sich der Sänger durch das gedruckte Programmheft
eingeschränkt - "in meiner idealen Welt würde es das nicht geben" - das
verhindert, dass er die Stücke so ansetzen kann, wie es ihm und auch dem
Publikum gerade passt. "Es ist wie beim Eislaufen: Das Programmheft ist die
Pflicht - und dann geht es mit der Kür erst richtig los", verlagert er die
Spontanität nun also in die Zugaben.
Wenig spontanes Agieren war
dagegen bei den Aufnahmen der "Wien"-CD mit den Wiener Philharmonikern
möglich. Weil er selbst gesundheitlich indisponiert war, musste die
Einspielung von Orchester und Solostimme getrennt erfolgen. "Wir haben lange
darüber diskutiert. Aber finden Sie mal einen anderen Termin! Ich habe da
alle Felle davonschwimmen sehen." So habe man sich auf das Experiment
eingelassen - Kaufmann war bei der Aufnahme dabei, sprach sich mit den
Stimmführern und mit Dirigent Adam Fischer eng ab - "ich habe sogar
teilweise selbst dirigiert, das kommt dann in meine Autobiografie".
Mit der "Wien"-Tournee ist Kaufmann in diesem Winter quer durch Europa
unterwegs, dazu kommen einige Opernengagements - "mit der nächsten Spielzeit
auch wieder an der Wiener Staatsoper", stellte er seine Rückkehr mit der
neuen Intendanz von Bogdan Roscic in Aussicht - mehr durfte nicht verraten
werden. Und im Sommer 2020 wird Kaufmann erstmals in der Arena di Verona
auftreten. |
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