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Epoch Times, 12.01.2011 |
Rosemarie Frühauf |
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Ein ganz normales Heldenleben
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BUCHREZENSION JONAS KAUFMANN |
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„Meinen die wirklich mich?" nannte Jonas Kaufmann sein
autobiografisches Buch. Thomas Voigt verpackte die Geschichte eines der
besten Sänger unserer Zeit - ganz ohne Starallüren. Mit 41 Jahren schon eine
Biografie veröffentlichen? Das ist natürlich etwas früh. |
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Jonas Kaufmann, derzeit gefragtester Tenor der
Welt, entschied sich dazu, die wichtigsten Stationen seines Lebens und
seiner Künstlerlaufbahn in Interviews zu erzählen. Ein Konzept das aufgeht:
Journalist Thomas Voigt wird dem Phänomen „Jonas Kaufmann" mit einer
Gründlichkeit gerecht, die den Künstler auf mehrere Jahre von Interviews
freistellen könnte. Seine Frau Margarete Joswig kommt im Buch ebenso zu Wort
wie große Künstlerkollegen. Die Erstauflage war innerhalb weniger Wochen
vergriffen.
Da stimmen Tiefgang und Fassade
Kaufmann, der seit einigen Jahren sehr erfolgreich vermarktet wurde und über
den Kreis des eingefleischten Opernpublikums hinaus Menschen begeisterte,
hat nicht einfach irgendetwas veröffentlicht, um den Wissensdurst seiner
wachsenden Fangemeinde zu stillen.
Wie in seinen durchdachten
Rollenporträts, steckt auch in seinem Buch viel Liebe und Ehrlichkeit: Egal,
warum man sich für ihn interessiert, sei es aus musikalischen Gründen, um
den Menschen hinter dem Bühnenhelden kennenzulernen, oder weil er
unverschämt gut aussieht - jeder Aspekt seiner schillernden Persönlichkeit
wird behandelt. Und das so persönlich wie unaufdringlich.
„Meinen die wirklich mich?"
Als Titel des Buches wählte er
den Gedanken, mit dem er auf den Beifallssturm reagierte, dem ihm das New
Yorker Publikum bei seinem Met-Debut bereitete:
Am Abend des 4.
Februar 2006, der Kaufmanns internationaler Durchbruch werden sollte, hatte
er ohne Probe ins originale Bühnenbild gemusst: Er sang den Alfredo in
Verdi´s „La Traviata" und sorgte schongleich für Lacher, als er aus Versehen
mit dem Kopf gegen eine Lampe knallte. Er dachte, dass sich für ihn als
Nobody an der Seite von Angela Gheorgiu sowieso niemand interessieren würde.
So entspannte er sich innerlich und lieferte eine Leistung, die das Publikum
im wahrsten Sinn von den Stühlen riss.
Dabei war Kaufmanns Weg an die
Weltspitze der Oper vor allem die Geschichte eines Menschen, der sich von
eigenen und anderen Erwartungen lösen musste, um zu sich und seiner Stimme
zu finden. Denn beinahe hätte er es hingeschmissen, bevor alles begann. Als
hell-klingender, lyrischer Tenor ausgebildet, war Kaufmann gleich zu Beginn
seiner Karriere in eine Stimmkrise geraten. In Michael Rhodes fand er einen
Lehrer, der ihm half, noch mal von vorn anzufangen und seine dunkle
Heldenstimme zu entdecken.
Welche inneren und äußeren Hindernisse der
Sänger dabei überwinden musste, von wem er lernte, seine schauspielerische
Präsenz zu entwickeln, all das schildert das Buch auf spannende Weise. Und
immer wieder scheint durch, wie wichtig es ist, künstlerisch integer und
trotz des ganzen Rummels auf dem Teppich zu bleiben.
Ein Muss für
alle, die beruflich mit Gesang und Bühnenkunst zu tun haben. Eine Empfehlung
für alle, die Oper gerade erst entdecken. Und ebenso spannendes Futter für
neugierige Leser von Biografien. |
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