NDR Kultur, 27.07.2010
Vorgestellt von Dagmar Penzlin
Jonas Kaufmann - "Meinen die wirklich mich?"
 
Die diesjährigen Bayreuther Festspiele beginnen mit der Premiere einer Neuinszenierung von Richard Wagners Oper "Lohengrin". In der Titelpartie: Jonas Kaufmann. Und wo der Star-Tenor ohnehin gerade in aller Munde ist, liefert ein Buch über Kaufmann noch zusätzlichen Gesprächsstoff.
Kaufmanns Erfolgsgeheimnis

Die Met in New York - das Opernhaus aller Opernhäuser: 2006 gibt Kaufmann hier sein Debüt - als Alfredo in "La Traviata". Ein Auftritt, der ihn endgültig an die Spitze der internationalen Musikszene katapultieren wird.

Thomas Voigt startet seine Erkundungen zu Kaufmann mit einer Reportage über dieses Met-Debüt. Und was das Erfolgsgeheimnis des deutschen Tenors anbelangt - hier kristallisieren sich schon wichtige Aspekte heraus. Man erfährt, wie er sich diszipliniert vorbereitet, wie ihn eine Panne auf der Bühne eher beflügelt als irritiert, wie er hinter den Kulissen scherzt, sich durch Lachen lockert und schließlich mit vollem Einsatz das Publikum erobert.

Wie ein Märchenheld

"Meinen die wirklich mich?" - das hat Kaufmann gedacht, als sein Met-Debüt in Jubelstürmen mündete. Und dieser Gedanke ist als Buchtitel passend, denn die Erfolgsgeschichte von Kaufmann hat etwas Märchenhaftes, Unfassbares an sich. Auch gerade weil er während seines ersten Engagements am Staatstheater Saarbrücken eine ernste Stimmkrise zu überwinden hatte. Wie ein Märchenheld wuchs Kaufmann an der schweren Aufgabe. Seine Rettung damals: der Gesangslehrer Michael Rhodes, der in ihm gleich den idealen Lohengrin hörte.

Das Buch lebt vom Wechsel zwischen locker geschriebenen Texten und Interviews mit Kaufmann. Darin erzählt er offen aus seinem Sänger-Leben: Das Themenspektrum reicht vom Finden der eigenen Stimme über Details beim Interpretieren von bestimmten Arien bis hin zum Star-Rummel um seine Person. Sehr persönlich sind die Interview-Passagen gemeinsam mit seiner Frau. Sie kümmert sich vor allem um die drei Kinder, unterstützt ihn durch konstruktive Kritik, und der 41-Jährige zählt als Vielreisender vor Sehnsucht die Tage, bis er seine Familie wieder in die Arme schließen kann.

Zu viel Lob

Kaufmann hat viele Fans, auch prominente aus der Musikbranche. Jedenfalls durchziehen Lobeshymnen das Buch über ihn: Die Gesangsgrößen Placido Domingo und Christa Ludwig preisen ihn als wahren Künstler; Star-Kolleginnen wie Angela Gheorghiu schwärmen betört; Met-Chef Peter Gelb hofft auf viele weitere Auftritte Kaufmanns an seinem Haus. Doch bei allem Respekt für das überragende Können des Sängers - man kann Lob auch überdosieren. Und das Ganze steht deutlich im Kontrast zu Kaufmanns eigener Aussage im Buch, dass es ihm unangenehm sei, wenn er allzu sehr angehimmelt, allzu sehr hofiert werde. Schwierig ist auch die Eloge von Modedesignerin Gabriele Strehle auf Kaufmann - offenbar ein Zugeständnis an seinen Werbevertrag mit ihrem Modelabel. Auch andere Werbeaufträge tauchen auf. Allein Stimm-Papst Jürgen Kesting mischt in seine Begeisterung ein Quentchen Kritik.

Voigt selbst konzentriert sich ganz auf die Rolle des klugen, zugewandten, doch eher neutralen Erzählers. Zudem stellt er kompetent die Fragen und setzt Kaufmanns Karriere in Beziehung zum aktuellen Musikleben. Insgesamt ein lesenswertes Buch, weil hier aufscheint, wie ein Ausnahmesänger - den Härten des Musikmarktes zum Trotz - seinen Weg offenbar gehen kann. Zur Freude aller Stimmbegeisterten.






 
 
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