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Frau im Spiegel, Mai 2009 |
SUSANNE NOLDEN |
Ein Held, mit dem man rechnen muss
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Deutschlands schönster Tenor— und dazu
auch noch ganz schön schlau: JONAS KAUFMANN hat auch Mathematik studiert |
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man den Begriff „Heldentenor“ perfekt illustrieren, fiele einem dazu
unweigerlich der Bühnen-Beau Jonas Kaufmann, 39, ein: dunkle Locken,
blitzend braune Augen, durchtrainierte Figur, umwerfendes Lächeln — ein
absoluter Frauenschwarm eben. Aber natürlich längst in festen Händen. Und
seine Familie geht dem Tenor über alles, wie er FRAU IM SPIEGEL bei einem
Treffen in der Züricher Oper erzählt.
1994 hat der Wuschelkopf seine Frau, die Mezzosopranistin Margarete Joswig,
kennengelernt. „Wir hatten beide in Saarbrücken unser erstes Engagement und
beruflich viel miteinander zu tun. Und irgendwann dachten wir, das kann man
auch ausdehnen“ lacht Kaufmann. Damals wäre er als Sänger fast gescheitert.
„Ich war nicht auf den normalen Theaterbetrieb vorbereitet, mit acht Stunden
Proben täglich, vielen Produktionen gleichzeitig, in denen man in
verschiedenen Stimmfächern singt. Nach dem ersten Jahr waren meine Zweifel
so stark, dass ich gesagt habe, wenn das Singen ist, mache ich etwas
anderes“, erinnert er sich.
Das hoffnungsvolle Talent musste damals üben, seine Stimme optimal
einzusetzen, was er während des Gesangsstudiums in München nicht gelernt
hatte. Obwohl Jonas schon zu Schulzeiten immer im Chor sang, studierte er
nach dem Abitur zunächst Mathe. Fast entschuldigend sagt er: „Mathematik hat
mir immer viel Spaß gemacht und fiel mir leicht. Aber ich habe das Studium
nicht beendet, weil ich merkte, da passiert nichts Neues. Dann habe ich‘s
halt mal mit Gesang probiert — das ist wahrscheinlich mein Glück gewesen.“
Allerdings bewahrheitete sich für den Tenor erstmal das Sprichwort, dass der
Prophet im eigenen Lande wenig gilt. „Obwohl ich Ende der Neunzigerjahre
intensiv mit der Stuttgarter Staatsoper gearbeitet habe und diese sogar
„Opernhaus des Jahres“ wurde, sprang der Funke nie auf ein anderes Haus
über, auch nicht auf München. Das hat mich gewurmt, denn ich bin dort
geboren, aufgewachsen, habe dort studiert, hatte die Oper immer vor Augen
und habe keinen Fuß hineingebracht“ gibt er offen zu. Kaufmann arbeitete
dann an der Oper in Zürich, wo er heute noch lebt — mit seiner Frau, der
zehnjährigen Tochter und den zwei Söhnen, drei und sechs Jahre alt. „Bei der
Großen sieht man schon, dass sie musikalische Interessen hat, sie spielt
verschiedene Instrumente, singt und tanzt“ verrät er.
Inzwischen schätzt man Jonas Kaufmann auch in seiner Heimatstadt. Er singt
dort im Juni/Juli den Alfredo in Verdis „La Traviata“ und zum ersten Mal den
„Lohengrin“ (Richard Wagner) und hat in München vorübergehend eine Wohnung
gemietet. In dieser Zeit feiert Jonas Kaufmann, Sternzeichen Krebs, auch
seinen 40. Geburtstag. Anzeichen einer Midlife Crisis habe er aber noch
nicht an sich bemerkt, sagt er lachend, „Das bedeutet ja, dass man
zurückschaut und sagt: Was habe ich alles verpasst? Jetzt muss ich aber mal
richtig loslegen! Ich lege ja die ganze Zeit los. Das Leben, das ich führe,
ist so abwechslungsreich. Und ich kann sozusagen auf fingierte, aber
legitime Weise „fremdgehen“ weil es mein Beruf ist, mit Sopranistinnen auf
der Bühne ein Liebespaar darzustellen.“
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