Stuttgarter Zeitung, 05.11.1997
Krause_Bernd
Schön singen reicht heute nicht mehr
Zu Gast an der Oper: Jonas Kaufmann - der Tenor ist in der Rolle des Edrisi in "König Roger" zu sehen
"Es ist gar nicht so schwierig, als Musikstudent an kleineren Häusern Gastauftritte zu bekommen - man muß nur Tenor sein. Die kann man vielseitig verwenden. Außerdem sind Studenten weniger kostspielig." Jonas Kaufmann ist ein fröhlicher junger Mann, der kein Blatt vor den Mund nimmt und sich auch keine Illusionen macht. In der neuen Produktion "König Roger" von Karol Szymanowski, der ersten Opernpremiere dieser Spielzeit in Stuttgart, singt er die Rolle des Edrisi.

Nachdem er schon während seines Studiums in München oft kleinere Engagements hatte und danach zwei Jahre lang Mitglied an der Staatsoper in Saarbrücken war, wollte er nun eigentlich eine Karriere als freischaffender Künstler aufbauen. Doch Stuttgart hat ihn schwankend gemacht.

In Saarbrücken habe er alles singen müssen, fast ohne Rücksicht darauf, ob das seiner Stimme genutzt oder geschadet habe und ob die Partie sein Fach gewesen sei oder nicht, erzählt Kaufmann. Dort habe er gelernt, auch einmal "nein" zu sagen. "Aber wenn ich die Situation in Stuttgart sehe", sagt er nachdenklich, "wie man hier sorgfältig auf die Entwicklung einer Stimme achtet und genau auswählt, was zu ihr paßt, sie regelrecht pflegt - also da überlege ich mir schon, ob ein festes Engagement, jedenfalls an so einem großen Haus, nicht doch richtig wäre."

Aber weil er im März bei der Premiere von "Fidelio" in der Regie von Martin Kusej den Jaquino singen wird und beide Opern in der kommenden Saison wieder auf dem Spielplan stehen sollen, will es Jonas Kaufmann doch dabei bewenden lassen und sich dem widmen, was er schon an Angeboten hat. Das seien hochinteressante Offerten, meint er. Die aufregendste Rolle sei der Alfredo in "La Traviata" ***in der Regie von Giorgio Strehler am Piccolo Teatro in Mailand, mit dem man außerdem auf eine ausgedehnte Europatournee gehen werde.

Kaufmann legt großen Wert darauf, auch sein schauspielerisches Talent einsetzen zu können. "Schön singen reicht heute nicht mehr", so behauptet er, "das kann ich auch bei Konzerten. Dann brauche ich die Oper nicht mehr." Deshalb habe er auch stets gerne bei Operetten wie "Die lustige Witwe" und "Die Fledermaus" an der Wiener Volksoper gesungen, weil man in ihnen mehr Möglichkeiten habe, zu zeigen, was alles in einem steckt. Das gelte auch genauso für moderne Opern, wie eben "König Roger", an dem er mit dem größten Vergnügen arbeite.

Wie er denn an diese Rolle gekommen sei. "Das war komisch", erzählt Kaufmann. "Irgenwie hat Stuttgart von mir gehört, wir sind in Kontakt geblieben, und ich bin endlich zu einem Vorsingen für "Fidelio" gekommen. Dabei habe ich Generalmusikdirektor Lothar Zagrosek kennengelernt. Der hat gemeint, daß der Edrisi genau richtig für mich sei. So komme ich viel früher auf die Stuttgarter Bühne, als es geplant war. So spielt das Leben."Bernd Krause (***da hat der Reporter wohl etwas verwechselt, richtig ist Ferrando in "Cosi fan tutte")






 
 
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