Nürnberger Nachrichten vom 04.05.1993
Feuilleton, Schleicher Fritz
Gala junger Stars
Konzert der Preisträger zum Meistersänger-Wettbewerb
Der Nürnberger Meistersänger-Wettbewerb genießt in der Fachwelt hohes Ansehen und erfreut sich bei den Musikfreunden in der Stadt großer Beliebtheit. Beim Schlußkonzert war das Opernhaus bis zum obersten Rang dicht besetzt. Auf der blumengeschmückten Bühne begleiteten die Nürnberger Symphoniker die sechs Preisträger beim Arienprogramm: eine Gala der jungen Stimmen.

Als Entdeckung feierte das Publikum mit dem weitaus stärksten Beifall die Sängerin, die von der Jury nur einen zweiten Preis bekommen hatte: die Sopranistin Irmgard Vilsmaier, die als angehende Wagnersängerin Furore machte. Mit 23 ist sie die jüngste der Finalisten. Am Freitag gewann sie auch noch den Drexel-Preis am Meistersinger-Konservatorium, wo sie seit drei Jahren bei Barry Hanner studiert.

Irmgard Vilsmaier sang die Hallenarie der Elisabeth aus "Tannhäuser" und die Arie der Marie aus der "Verkauften Braut". Für Wagner bringt Irmgard Vilsmaier nicht nur die opulente, strahlkräftige Stimme mit, sie vermittelt in der Intensität des Wortes szenische Vorgänge, Rollencharaktere. Bei der Elisabeth erregend damatisch, bei der Marie blühend lyrisch.
Wagner sang auch die Gewinnerin des 1. Preises, Evelyn Herlitzius. Elsas Traumerzählung aus "Lohengrin" kam spontan und visionär über die Rampe. Die 1963 in Osnabrück geborene Sopranistin hat nach einem Meisterkurs bei Birgit Nilsson in Flensburg den Gastvertrag für eine Wagnerpartie. Technisch sicher gestaltete sie auch die schwierige Arie der Beethoven-Leonore.

Zwei weitere Soprane fächerten das Opernrepertoire vielseitig auf. Claudia Taha (3. Preis) gewann die Sympathien der Hörer als Micaela und als Agathe. Renate Düerkop (Förderpreis) zeigte als Verdi-Sängerin beachtliches Talent. In Verdis Italianita konnte sich auch der Tenor Jonas Kaufmann (Förderpeis) entfalten. Der Bariton Stefan Geyer, der in der Kategorie Lied/Oratorium den 3. Preis gewann, sang Bach und Mozart.

Die raschen Wechsel der Stile von Arie zu Arie bewältigten die Nürnberger Symphoniker unter der Leitung von Klaus Rohra, der auf rücksichtsvolle Sängerbegleitung Wert legte.

Am Nürnberger Meistersänger-Wettbewerb, der zum vierten Mal (im Turnus alle zwei Jahre) ausgetragen wurde, hatten heuer 62 Bewerber teilgenommen (wir berichteten). Die Stimmqualität bei den sechs Preisträgern zeigte, daß es um den deutschen Opernnachwuchs gut bestellt ist.
Einen Mitschnitt des Konzerts sendet der Bayerische Rundfunk am 8. Mai, 20.15 Uhr in B 4.






 
 
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