Die Welt, 18. August 2005
Von BRU
 
Gerechtigkeit für Oberon
CD-Tip: Weber: Oberon (Philips)
Manchmal erscheinen CDs, auf die hat keiner gewartet, es gibt keinen Anlaß und sie überraschen doch positiv. So wie im Fall der jüngsten Veröffentlichung von John Eliot Gardiner, um den es deutlich schallplattenstiller geworden ist. Seine Vorliebe für "Oberon", Carl Maria von Webers hybriden Elfenopernspuk mit Dialog und Tanz, hat er freilich als Dirigent diverser Theaterproduktionen manifestiert. Auch seinen liebevoll ausbalancierten, rhythmisch knackigen und lyrisch dahinsäuselnden Zugriff auf diese wundervolle Partitur, die seit ihrer englischen Uraufführung am 12. April 1826 in der Royal Theatre Covent Garden ein seltsames Schattendasein zwischen allen Operstühlen führt. Mit seinem Mix von Wieland und Shakespeare wollte Librettist Planché einfach zu viel. Webers feenhafte Arietten und zierliche Ensembles, samt der voluminös-dramatischen Soloszenen für Hüon und Rezia mußten das dann ausbaden: eine Musik für Kenner, kaum für das breite Publikum.

Im Plattenstudio freilich war jeder der bisher drei "Oberon"-Einspielungen wohl geraten. Und doch setzt ihnen jetzt Gardiner vom ersten, strahlend biegsam sich aufschwingenden Ouvertüren-Hornruf an die CD-Krone auf. Erstmals singt der König der Elfen in originalem Englisch, der Schauspieler Roger Allam ist ein sicher führender Erzähler. Mit Hillevi Martinpelto und Jonas Kaufmann standen jugendliche, gleichwohl durchschlagskräftige Stimmen und psychologisch glaubwürdige Interpreten für Rezia und Hüon bereit. Steve Davislim ist ein zynischer Oberon. Auch Gardiners Monteverdi Choir und das Orchestre Revolutionnaire et Romantique hatten große Studiotage.






 
 
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