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Kultur Port, 03. März 2014
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Geschrieben von Hans-Juergen Fink |
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Jonas Kaufmann auf „Winterreise“ |
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Schuberts
„Winterreise" bringt wie kaum ein anderer Liedzyklus Stärken und Schwächen
eines Sängers unbarmherzig zu Tage. Einer wie Jonas Kaufmann muss sich
technisch keine Sorgen machen. Bei seiner Interpretation, bei der Helmut
Deutsch wunderbar fein und vielfältig nuanciert den Klavierpart spielt,
überlegt man allerdings manchmal, wie er den armen Gesellen auf seiner
winterlichen Flucht nach einer gescheiterten Liebe denn nun sehen will.
Dem gebrochene Herzen stimmlich Ausdruck zu geben liegt ihm eindeutig
weniger, er fühlt sich besser aufgehoben im immer wieder aufscheinenden
Aufbegehren, in Sturm und Zorn. Es ist ein opernhafter Zugang, der auf
Codeworte verlässlich reagiert. Seine stärksten Momente findet Tenor
Kaufmann in den lyrischen, den stimmungsmäßig aufgehellten Liedern
(Lindenbaum, Frühlingstraum, Die Post). Die verschieden grauen Grade stiller
Verzweiflung singt er mit eher gleich bleibendem Timbre, wobei er am
überzeugendsten wirkt, wo er sich stark zurücknimmt und leise auf die Suche
im Inneren seiner Gefühle geht (Auf dem Flusse, Irrlicht, Einsamkeit, Der
Wegweiser). Im Ganzen bleibt seine „Winterreise" viel zu schön, um wahr zu
sein.
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