Fono Forum, April 2014
Christoph Zimmermann
 
Toller Sänger
Musik ***** Klang *****
Mit Kapuze über seinem Lockenkopf sieht Jonas Kaufmann fast aus wie Willi-am von Baskerville im Film „Der Name der Rose". Einmontiert in das Foto zu Franz Schuberts „Winterreise" ist eine weiße Krähensilhouette. Über CD-Covers wäre nicht zum ersten Mal zu richten. Immerhin ist keine Entgleisung zu beklagen wie bei Marschners „Vampyr" (Capriccio), eine WDR-Aufnahme mit Kaufmann, die u. a. zeigt, dass die baritonale Färbung seiner Stimme nicht von Anfang an so prägend vorhanden war. Der ,Winterreise" kommt das individuelle Timbre des Sängers ausgesprochen zugute.

Es suggeriert Jugendlichkeit, die von der Last des Lebens gleichwohl gezeichnet ist. Jonas Kaufmann vermutet beim Wanderer sogar einen latenten Wahnsinn, während Klavierbegleiter Helmut Deutsch die Stimmung im „Leiermann" weniger pessimistisch deutet. Diese leicht kontroversen Einschätzungen gehen musikalisch durchaus zusammen, die Dominanz der Stimme entscheidet zuletzt aber wohl doch für die Auffassung des Sängers, der bei „wunderlicher Alter" schauernd-fahle Töne findet und das Wort „drehen" wie verzweifelt crescendiert.

Jonas Kaufmann verfügt über eine beispielhafte Diktion, die jedoch frei von Manierismen ist. Sie lässt (wie kürzlich auch eine Sendung des WDR-Orfeo-Opernstudios) einen wirklich denkenden Sänger erkennen, der über seiner intelligenten Wortbehandlung jedoch nie das Schubert'sche Melos aus den Augen verliert.

Diese Symbiose macht ja nicht zuletzt den Ausnahmerang seiner Wagner-Interpretationen aus. Insofern ist bei der Schubert-Aufnahme von wahrhaft erfülltem Schöngesang zu sprechen. Helmut Deutsch geht auf die nuancierende Darbietung mit großer Subtilität ein. Eine Aufnahme, die auch emotional beklommen macht.











 
 
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