musikwoche
Birgit Schlinger
 
Winterreise
Nach den beiden Erfolgsalben "Wagner" und "Verdi", die beide im vergangenen Jahr erschienen sind und dem Münchner Tenor Jonas Kaufmann zu einem Echo Klassik und zu einer Grammy-Nominierung verhalfen, kehrt er mit der "Winterreise" nun zur bekanntesten Liedsammlung von Franz Schubert zurück. Dabei betritt Kaufmann mit diesem Werk kein Neuland. Schon seit Jahren führt er zusammen mit dem Pianisten Helmut Deutsch, seinem früheren Lehrer und Mentor, den Zyklus auf, aber erst im Oktober 2013 spielten sie ihn zusammen im August-Everding-Saal in Grünwald bei München ein.

Diese "schauerlichen Lieder", wie Schubert sie selbst nannte, besitzen einen dramatischen Sog und bewegen auch fast 200 Jahre nach ihrer Entstehungszeit noch das Publikum. Ein Mann verlässt aus enttäuschter Liebe heraus sein Heim und irrt durch eine Winterlandschaft, wobei er sich immer mehr von seinem Leben entfremdet. Dabei bietet das Ende im letzten der 24 Lieder, "Der Leiermann", ganz unterschiedliche Deutungsweisen. Glaubt Helmut Deutsch im Bookletinterview noch an einen Hoffnungsschimmer, sieht Kaufmann den Wanderer bereits verloren. Doch auch wenn die beiden hier unterschiedlicher Meinung sind, hört man dies ihrer musikalischen Ausführung nicht an, die immer wie aus einem Guss klingt.

Jonas Kaufmann weiß um seine Stärken als wandlungsfähiger Geschichtenerzähler, der seinen lyrischen Tenor den unterschiedlichsten Stimmungen anpassen kann: extremer Enttäuschung wie in "Wasserflut", glücklichen Erinnerungen wie "Der Lindenbaum" oder leidenschaftlichem Hohn wie in "Die Post".

Mit Helmut Deutsch als präzisem und souveränem Partner gelingt Jonas Kaufmann eine schrecklich-schöne "Winterreise", die vor allem in den leisen Momenten zu fesseln weiß. Selten erscheinen Verzweiflung und Kälte so beseelt wie im Leiden des Münchner Kult-Tenors.










 
 
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