Fono Forum, November 2019
Johannes Schmitz
 
WIEN
 
Mit "Wien wird bei Nacht erst schön" beginnt diese CD, die auf bewundernswert hohem und geschmackvollem Niveau unterhält. Und bereits in der ersten Nummer der Platte offenbart Jonas Kaufmann seine Absicht, die Showstopper der Operettenwelt und des Wienerliedes nicht unbedacht herunterzusingen. Ganz im Gegenteil: Die bewusste Behandlung des Textes, die genussvolle Diktion, lassen auch in x-mal gehörten Textzeilen aufhorchen. Umso mehr, als die Wiener Philharmoniker unter Adam Fischer nicht immer volle Breitseite geben, sondern etwa in Hans Mays „Heut ist der schönste Tag in meinem Leben" salonorchesterhaft schlank musizieren.

Duettpartnerin Kaufmanns im „Wiener Blut" oder im Uhrenduett aus der „Fledermaus" ist die attraktiv klingende Sopranistin Rachel Willis-Sörensen. Im Zentrum aber steht unzweifelhaft der Startenor, der sich hier erneut als großer Künstler und Diener der Werke präsentiert. Der wienerische Tonfall wirkt bei ihm nicht imitiert, sondern echt. Im Beiheft erfährt man, dass dies unter anderem kindlichem Fernsehkonsum bei den Großeltern zu verdanken ist. Wie schwer die Evergreens zu singen sind, fällt bei Kaufmann natürlich nicht auf. Es zeigt sich vielmehr wieder, dass sich das Vergnügen an diesem Repertoire mit schweren Stimmen noch steigert. Da macht man denn auch gerne Abstriche beim lyrischen Schmelz, den Kaufmann ungemein klug suggeriert, der aber eben nicht Wesenskern seiner großartigen Stimme ist. Das parlierende, schmachtende, flüsternde, liebliche, männlich-heldenhafte, ironische Singen, all dies aber beherrscht der Sänger ungemein überzeugend. Und dass Georg Kreislers „Der Tod, das muss ein Wiener sein" (ohne Philharmoniker) den Reigen beschließt, adelt die Platte vollends.






 
 
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