Opernglas, März 2013
Th. Baltensweiler
 
Jonas Kaufmann - Wagner
Gegenwärtig sind es zwei Sänger, die sich als Tenöre eine marktbeherrschende Stellung im „leichteren" Wagner-Fach teilen. Unterschiedlicher könnte ihre vokale Signatur indes kaum sein: Während Klaus Florian Vogt mit einer claironhafthellen, duftig geführten Stimme aufwartet, operiert Jonas Kaufmann auf der Basis eines markanten baritonalen Timbres. Seine neue CD, die kurz und bündig „Wagner" betitelt ist, macht das schon in der ersten Nummer, „Ein Schwert verhieß mir der Vater", deutlich - die Anforderungen Siegmunds kommen der dunklen Mittellage Kaufmanns ausgesprochen entgegen. Vorzüge seines Wagner-Gesangs erweisen sich aber auch in den anderen Ausschnitten, in denen er die rhetorische Nachdrücklichkeit der großen deutschen Interpreten mit dem Legatobewusstsein und der Rundung, die seine Erfahrung mit italienischen Partien spiegeln, verbindet. Siegfrieds Monolog „Dass der mein Vater nicht ist" erhält auf der Grundlage dieser Eigenschaften spannungsvolle innere Kohärenz ebenso wie deklamatorische Differenziertheit - großartig ist das, und es deutet eine mögliche Facherweiterung ebenso an wie die Romerzählung Tannhäusers, die Kaufmann mit überraschenden Details in der Phrasierung ausstattet.

Freilich, es gibt auch einen Aspekt in seinem Singen, der eher Geschmackssache sein dürfte. Er betrifft die Tonproduktion, die zuweilen von weit hinten im Hals zu kommen scheint, was den vokalen Glanz etwas mindert. So beginnt Rienzis Gebet mit dumpfem, fast heiser-faserigem Klang-zum Glück kommen dann dynamische Steigerungen, in denen sein Tenor mehr Brillanz aufweist.

Der Einschluss der „Wesendonck-Lieder" in das Programm stellt nicht eine glückliche Entscheidung dar. Es ist Kaufmann nicht zu verdenken, dass er sich mit Vorlagen befassen wollte, die eine Domäne von Sopranistinnen sind (die Wahl einer Frauenstimme ist inhaltlich übrigens nicht zwingend); und in der Tat vermittelt die baritonale Farbe seiner Stimme grundsätzlich interessante neue Eindrücke. Vor allem im ersten Lied „Der Engel" hört sich das Timbre manchmal grobkörnig an, und die Linien sind klanglich nicht homogen geformt. Sehr elegant gelingen dagegen „Am stillen Herd" aus den »Meistersingern« und - vielleicht Höhepunkt der CD-die Gralserzählung in der Originalgestalt aus »Lohengrin«, mit einem berückenden Piano - zart und männlich zugleich - sowie differenzierter Phrasierung.

Der CD nicht gut getan hat das Dirigat von Donald Runnicles, der das Orchester der Deutschen Oper Berlin leitet. Die Tempi sind generell langsam, werden aber nicht mit der Innenspannung erfüllt, die aus agogischen und farblichen Schattierungen im Einzelnen resultieren könnte. Da kommt es auf instrumentaler Seite zu manchem Durchhänger.







 
 
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