radio stephansdom, 2. März 2013
(cw)
 
CD der Woche, Kaufmann. Wagner.
War bisher das Wagner-Jahr 2013 in diskographischer Hinsicht hauptsächlich von umfangreichen und enzyklopädischen Editionen geprägt, liegt mit dem Arien-Album von Jonas Kaufmann die erste relevante Neueinspielung vor. Die Auswahl ist insofern mutig, da nicht nur „Tenor-Schlager“ enthalten sind, sondern auch Stücke, die auf den ersten Blick nicht so reißerisch sind. Ausschnitte aus Rienzi, Tannhäuser, Lohengrin, Meistersinger, Walküre und Siegfried stehen den Wesendonck-Liedern gegenüber, die nur relativ selten von Männern eingesungen wurden. Jonas Kaufmann dazu: „Im Text gibt es keinen Hinweis auf das Geschlecht des Erzählers. Und wenn Frauen die Winterreise aufnehmen, sollte es kein Sakrileg sein, wenn ein Mann die Wesendonck-Lieder singt.“

Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin unter Donald Runnicles begleiten. Wiener Opernfans werden immer noch gerne an seine Ring-Zyklen an der Staatsoper denken. Auf CD konnte Runnicles bislang nicht in vergleichbarer Weise überzeugen. Hier ist das anders: tontechnisch hervorragend in Szene gesetzt, ziehen Runnicles und Kaufmann alle Register und „spielen“ die Szenen mit faszinierender Intensität.

Die CD verlangt Aufmerksamkeit, die dynamische Bandbreite ist ungeheuer hoch: Das Gebet Rienzis beginnt extrem leise und langsam und entwickelt sich in allen Dimensionen. Ebenfalls hat man den Anfang der Gralserzählung selten so leise und intim vernommen – abgesehen davon, dass man diese Version der Gralserzählung praktisch nie zu Gehör bekommt. Kaufmann und Runnicles haben sich für die zweitstrophige Urfassung entschieden.

Kaufmann beweist mit diesen Aufnahmen seine Sonderstellung unter den heutigen Wagnertenören: gute Stimme, präzise/wortdeutliche Aussprache, große Dramatik und packende Gestaltung.

Zwei Beispiele sollen das demonstrieren: Die dem Papst in den Mund gelegten Worte aus Tannhäusers Romerzählung haben selten so bedrohlich geklungen, obwohl bzw. weil sie mit so einer flüsternden Fistelstimme gesungen werden.

Das Gegenteil hört man im Schwertmonolog – so lange, kraftvolle Wälserufe sind schon lang nicht mehr auf Tonträger erschienen.

Kaufmann-Fans und Wagnerianer werden ihre Freude an dieser CD haben.







 
 
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