Die Presse, Schaufenster (Beilage)
von Wilhelm Sinkovicz
 
Alles Wagner
Neue Alben von Klaus Florian Vogt und Jonas Kaufmann.
 
Zwei der gesuchtesten Tenöre unserer Zeit haben soeben - zum 200. Komponistengeburtstag - Neuaufnahmen von Szenen aus Wagner-Dramen vorgelegt: Klaus Florian Vogt bei Sony; Jonas Kaufmann (im Bild oben als Lohengrin an der Scala), den man demnächst in der Staatsoper als Parsifal hören kann, bei Decca. Zwei Künstler, die - schon aufgrund diametral entgegengesetzter Timbres - höchst unterschiedliche Deutungen derselben Partien bieten. Reizvoll für Vergleichstests: Wie dunkelheldisch tönt Siegmunds Schwertmonolog bei Kaufmann, man vermeint Anklänge an große, schwere Heldenstimmen der Vergangenheit zu vernehmen und bei den Wälse-Rufen sogar einen sympathischen Schuss Kraftmeierei. Dieselbe Stelle klingt beim jugendlich-hellen Vogt nach puren Verzweiflungsrufen. Es hat mit beidem seine Richtigkeit. Die Verehrer der jeweiligen Stimme werden frohlocken, kritische Musikfreunde sich über das weite Spektrum möglicher Wagner Interpretationen freuen. Eine feine Pointe: Beide Herren gehen über ihr derzeitiges Fach im CDStudio hinaus: Vogt singt, visionär-traumverloren, den schwergewichtigen Siegfried-Tod aus der „Götterdämmerung", Kaufmann das naive „Waldweben" aus "Siegfried" - und zeigt damit seine enorme expressive Bandbreite: Am anderen Ende der Skala stehen auf der CD etwa der RienziMonolog oder Lohengrins (komplette!) Gralserzählung. Überdies die selten von Tenören zu hörenden „Wesendonck-Lieder". Kaufmann kann auf weitaus bessere Begleitung bauen als Vogt: Ihm assistiert für die Decca-Aufnahme immerhin Donald Runnicles mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin, während Vogt mit den Bamberger Symphonikern unter dem Leichtgewicht Jonathan Nott das Auslangen finden muss. Beides probiert, kein Vergleich, muss es da heißen. Andererseits bietet Sony an Vogts Seite Camilla Nylund für Duette aus „Tristan" (ungewöhnlich und richtig jugendfrisch) und „Walküre".







 
 
  www.jkaufmann.info back top