WAZ, 14.2.2013
Monika Willer
 
Wagner-Heroen im Doppelpack - Jonas Kaufmann versus Klaus Florian Vogt

Die Opernsänger Jonas Kaufmann und Klaus Florian Vogt sind die gefragtesten Heldentenöre unserer Zeit. Jetzt legen beide ein neues Album vor. Im Wagner-Jahr 2013 heißen natürlich beide CDs „Wagner“. Und richtige Wagnerianer werden beide CDs haben wollen.

Endlich hat Deutschland wieder – nicht einen, nein gleich zwei weltbeste Wagner-Tenöre, und das in einer einzigen Sänger-Generation. Und schon schießen die Fans und Feuilletons scharf: Zwei gleichrangige Helden darf es nicht geben, einer muss der bessere sein. Wie Klaus Florian Vogt und Jonas Kaufmann über diese künstlich hergebetete Rivalität denken, weiß man nicht. Aber dass beide Sänger im Wagner-Jahr 2013 jeweils ein Wagner-Album vorlegen, ist ein künstlerisches (und wohl auch merkantiles) Muss. Hier bietet sich der hörende Vergleich zwischen den Künstlerpersönlichkeiten tatsächlich an, zumal drei Titel der beiden Alben identisch sind.

Man soll ja nicht vom Äußeren auf die Stimme schließen, doch bei diesen beiden liegt es nahe. Klaus Florian Vogt, der hochgewachsene blonde Norddeutsche, hat mit seinem hellen Tenor die Wagner-Welt zunächst schockiert, dann revolutioniert: dass man Heldenpartien völlig unangestrengt und absolut textverständlich interpretieren kann und dabei sogar das so oft eingeforderte lyrische Singen mühelos ins Wagner-Fach einbringt, damit schreibt Vogt vor allem als Lohengrin Musikgeschichte.

Ausgestoßene und Schläger

Jonas Kaufmann, dunkelhaarig und braunäugig, kommt mit seinem außerordentlich testosterongeladenen Charisma dem überlieferten Klischee des Wagner-Heroen auf den ersten Blick näher. Seine Helden sind versehrt, und das macht sie gefährlich - wie der Siegmund in „Ein Schwert verhieß mir der Vater“. Klaus Florian Vogt legt das Stück ganz anders an, viel behutsamer. Siegmund ist bei ihm ein einsamer Ausgestoßener, kein Schläger.

Am Beispiel von Rienzis Gebet wird deutlich, dass es jenseits der Geschmacksfragen durchaus künstlerische Unterschiede gibt. Kaufmann erkauft hier sein baritonales Stimmvolumen mit verschluckten Vokalen und teils vernuschelten Konsonanten, während Vogt das Silber seiner Stimme aufblendet wie ein überirdisches Ereignis. Kaufmann zeigt seine beste Leistung in Tannhäusers Rom-Erzählung, er legt den Pilger als verzweifelten, gefallenen Superstar an, der sogar mit der Stimme schauspielern kann, wenn er den Papst karikiert. „Mein lieber Schwan“ aus Lohengrin belegt dagegen, dass Vogts Tenor in den vergangenen Jahren erheblich farbenreicher geworden ist, dunklere Schattierungen sind dazugekommen, ohne dass das berückende Leuchten verloren geht.

Vogt versus Kaufmann: Das sind nebenbei zwei unterschiedliche Karriere-Konzepte. Der bedachtsame Vogt, ausgebildeter Hornist, lässt sein Rollen-Repertoire äußerst behutsam wachsen; er bleibt der Bayreuth-Tenor schlechthin, obwohl an anderen Häusern höhere Gagen winken, er ist vorsichtig mit Engagements und Plattenaufnahmen. Kaufmann wiederum bedient ein viel breiteres Repertoire als nur das Wagner-Fach, ist mit zahlreichen CDs bei seinen Fans präsent, und was Vogt Bayreuth bedeutet, ist ihm die Met, als deren neuer Parsifal er Triumphe feiert.

Natürlich sind sie beide Hauptgewinne des deutschen Fachs – und haben gelernt, sich ein dickes Fell gegen die Angriffe von Verehrern der anderen Seite wachsen zu lassen. Richtige Wagnerianer werden ohnehin beide CDs haben wollen.






 
 
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