Der Neue Merker
DZ
 
KAUFMANNS Wagner

Was für eine wirklich grandiose CD! – Wer dabei meint, er müsse unbedingt doch ein Haar in der Suppe finden, bringt sich selber um den Genuss. Und zu genießen gibt’s hier reichlich, zu kritisieren gar nichts.

Eine aufregendere, Gänsehaut erzeugendere Romerzählung/Tannhäuser hab‘ ich weiß Gott noch nie gehört – und es waren deren viele. Welche raffinierten, eindringlichen und technisch souveränen Differenzierungen! Dazu eine überwältigende Power. Gut, dass sich Kaufmann dazwischen so intensiv mit den Italienern beschäftigt, hat er doch bei Bedarf auch diesen winzigen Vor-Schluchzer in der Stimme, der so sexy wirken kann, und den berühmten „Squillo“ italienischer (Helden-) Tenöre hat er auch. Und das alles auf diesem ganz speziellen dunkel-bronzenen Timbre.

Rienzis Gebet animiert schier zum Mitbeten; als Siegmund ersehnt er das vom Vater verheißene Schwert, u. a. mit gewaltigen Wälserufen; beim Waldweben aus Siegfried, hört man den einsamen Jüngling gar wunderbar von seiner Mutter träumen; mit Stolzings „Am stillen Herd“ stellt sich der stürmische, fränkische Ritter nachdrücklich der Meistersinger-Versammlung vor. Als Lohengrin darf Kaufmann hier gar eine zweistrophige Gralserzählung vortragen; der Text dieser im Allgemeinen gestrichenen Strophe ist sowas von verquer, dass es nur gut ist, sie zu streichen – aber – nichtsdestotrotz gibt jeder Ton aus Jonas Kaufmanns Kehle Grund zur Freude.

Die WESENDONCK-LIEDER für Männerstimme: Der Tenor ebenso wie sein versierter Dirigent haben geforscht, und absolut keinen Grund entdecken können, warum die Wesendonck-Lieder immer nur von Frauen gesungen werden. Es steht zwar im Titel „für eine Frauenstimme“, aber wie zu hören, passen diese Lieder wesentlich besser zu einer Männerstimme als etwa Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“ zu einer Frauenstimme, was man ja auch ab und an zu hören bekommt. Schließlich findet man darin ja auch Wagners eigene Sehnsucht nach Mathilde Wesendonck widergespiegelt. So erklingen Jonas Kaufmanns Wesendonck-Lieder voller glühender Leidenschaft (Musterbeispiel: „Stehe still!“), im Gegensatz zur eher elegischen Melancholie, die die meisten Frauen-Interpretationen umflort. Aber diese Stimmungen gehen natürlich bei Kaufmann auch nicht verloren. Eine herrliche, Maßstäbe setzende Einspielung, wo sich Opern- und Liedsänger in schönster Weise vereinen.

Mit Donald Runnicles am Pult des Orchesters der Deutschen Oper Berlin hat Kaufmann vortreffliche, wagnergewandte Partner.






 
 
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