Der neue Tenor-Strahlemann vom Dienst, Jonas Kaufmann, ist heute das
heißeste Ticket am Tenor-Himmel – zumindest in Deutschland. Zu Recht.
Sein neues Album Verismo überzeugt trotz erheblichem Schluchzfaktor, wie
es dem hier gebotenen Repertoire angemessen ist. Es überzeugt, weil der
41-Jährige hier nicht noch einmal beweisen will, dass er in ein und
derselben Woche Tamino und Parsifal gleichzeitig singen kann.
Verismo, also die auf drastische Wahrheits- und Gefühlsentäußerung
abzielende italienische Opernbewegung (etwa parallel zu Puccini) war nie
etwas für zarte Gemüter. Auch bei Jonas Kaufmann wirken die
Testosteron-Attacken brachial (und zugleich etwas antrainiert). Trotzdem
gelingt der Ausflug zu Werken wie Andrea Chenier von Giordano, zu
Cavalleria Rusticana und Bajazzo mehr als achtbar.
Durch
Raritäten wie Zandonais Romeo und Julia, Leoncavallos
Bohème oder das Ombra di nube von Licinio Refice besitzt das Album sogar
einigen Entdeckungswert. Mit Antonio Pappano hat es einen erstrangigen
Begleit-Dirigenten. Dies ist Jonas Kaufmanns bislang bestes Album. Und
trotzdem bleibt er ein hörbarer Quereinsteiger auf diesem blutigen
Terrain. Einen Klappmesser-Tenor (wie Mario del Monaco oder Franco
Corelli) hat er nicht.
Was soll's: ein sehr gutes Ergebnis.
|