Endlich vorbei, all die Tamino-Jüngelchen oder die
Schubert-Lieder-Helden, so hört sich diese CD an. All jene
Pflichtübungen, die gezügelte Stimmbänder verlangen und ständig den
Nimbus des“Allrounders“ beglaubigen müssen. Wenn Jonas Kaufmann,
Deutschlands Opern-Export Nummer eins, nun Verismo-Arien singt, dann
scheint er beim musikalischen Heimspiel angekommen. Bei jenen
Liebesleid-Machos, die um die vorvergangene Jahrhundertwende geboren
wurden und die Expressivität verlangen, nach der Kaufmanns robuste
Tenorstimme seit jeher drängt.
Dieses vokale „Alles-muß-raus“,
der emotionale Überdruck aus der Werkstatt von Giordano, Leoncavallo,
Cilea oder Ponchielli kommt dem gebürtigen Münchner also entgegen – und
wird von Dirigent Antonio Pappano mit der vollsaftig aufspielenden
Accademia Nazionale di Santa Cecilia noch befördert. Wobei die stete
Konfrontation mit Männern am Rande des Todes, zumindest aber des
Nervenzusammenbruchs für den Hörer eine Gefahr birgt: die der Ermüdung.
Man registriert daher dankbar, wenn Kaufman „Giunto sul passo estremo“
aus Boitos „Mefistofele“ als zartbittere Innenschau gestaltet oder in
„La dolcissima effigie“ aus Cileas „Adriana Lecouvreur“ den subtilen
Verführer gibt.
Ob lyrisch verzärtelt oder als dramatisches
Testosteron-Ereignis: Jonas Kaufmanns Singen haftet dabei etwas
sympathisch Altmodisches an. Auf kleine Schluchzer, effektvoll
abgerissene oder nachgedrückte Töne mag er nicht verzichten – was bei
dieser Opernliteratur stilistisch in Ordnung geht. Problem ist eher,
dass sich die emotionalen Grenzerfahrungen dieser Verismo-Helden eine
Spur zu deutlich in Kaufmanns Gesang widerspiegeln. An sein
abgedunkeltes, baritonales Timbre hat man sich ja gewöhnt, weniger an
die noch immer angetäuschte Mezzavoce, die wie unter zu viel Staudruck
erzeugt wird. Und manchmal schleicht sich auch ein ungesunder, leicht
angestrengter und heiserer Klang ein: Ob diese CD zu hastig, in zu
wenigen Tagen produziert wurde?
Doch Versöhnungsangebote gibt es
dafür einige. Zum Beispiel das triumphale gesteigerte „Cielo e mar“ aus
Ponchielles „La Gioconda“ oder die Ausschnitte aus Giordanos „Andrea
Chenier“ , hier vor allem das Duett mit Eva-Maria Westbroek: Minuten,
die eine Münchner Premiere geradezu zwingend werden lassen – wenn
Intendant Nikolaus Bachler nicht schon längst aktiv geworden ist.
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