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Kleine Zeitung, 6. Oktober 2013 |
von Ernst Naredi-Rainer |
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Überwältigendes Geburtstagsgeschenk |
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Fulminanter
hätte der Einstand beim neuen Label gar nicht ausfallen können: Startenor
Jonas Kaufmann präsentiert sich bei seinem Geburtstagsgeschenk für Giuseppe
Verdi in Bestform.
Gestern feierte er ein triumphales Rollendebüt als
Dick Johnson in Giacomo Puccinis “Fanciulla del West” an der Wiener
Staatsoper. Heute erhält er in Berlin den Echo-Klassik-Preis als “Sänger des
Jahres” für sein Wagner-Album. Giuseppe Verdis 200. Geburtstag, den es am
10. Oktober zu feiern gilt, zelebriert Jonas Kaufmann mit seiner ersten
Arien-CD für Sony Classical.
Den Titelhelden in “Don Carlo” hat er
heuer in London und bei den Salzburger Festspielen gesungen, den Manrico in
“Il trovatore” in München. Im Studio aber begab sich Jonas Kaufmann auf
neues Terrain: Von den dreizehn Arien, die er heuer im März in Parma mit dem
dortigen Opernorchester unter der Leitung von Pier Giorgio Morandi
aufgenommen hat, bedeuteten nicht weniger als elf Neuland für ihn. Neuland,
das er im Sturm erobert hat und das man als vielfaches, großes Versprechen
für die Zukunft deuten darf.
Den Herzog im “Rigoletto”, dessen “La
donna e mobile” er mit ungewöhnlich dunkler Stimmfarbe, aber mit der nötigen
Biegsamkeit ganz ohne Kraftmeierei vorträgt, war anno 2005 in Zürich seine
dritte große Verdi-Rolle. Auf den Radames in “Aida” wird man noch warten
müssen. Wie Kaufmann hier das ominöse hohe B am Schluss von “Celeste Aida”
nicht in der üblichen Macho-Manier schmettert, sondern im Piano ansetzt, das
er dann noch, ganz nach Verdis Wunsch, “morendo” verhauchen lässt, wie dies
einst Carlo Bergonzi vermochte, sichert ihm eine Ausnahmestellung unter den
heutigen Tenören.
Während die meisten Verdi-Tenöre vorwiegend mit der
Schönheit ihrer Stimme prunken, denkt Jonas Kaufmann gar nicht daran, den
virilen Bronzeton seines unverwechselbaren Timbres eitel auszustellen. Er
setzt viel lieber im Dienst einer präzisen Charakterisierung der jeweiligen
Figur und ihrer Arie eine enorm breite dynamische Palette ein, vom männlich
auftrumpfenden, aber nie forcierten Forte, bis hinunter zum zarten Piano,
das seine früher oft störende gaumige Färbung fast völlig verloren hat. Zu
bewundern ist dieses substanzvolle Piano etwa in den beiden Arien des
Ricardo aus “Un ballo in maschera”, die Kaufmann mit bestrickender Eleganz,
aber auch mit melancholischer Färbung vorträgt. Elegisch stimmt er Manricos
“Ah! si, ben mio” an, um dann bei der legendären Stretta aus dem
“Troubadour” mit kraftvollem hohen C aufzutrumpfen.
Wunderschön
phrasierte, weit gespannte lyrische Bögen zeichnen seine Interpretation von
Rodolfos Arie “Quando le sere al placido” aus “Luisa Miller” aus,
jugendliches Temperament seine Darbietung von Gabriele Adornos
Verzweiflungsausbruch “O inferno!” aus “Simon Boccanegra”. Mit Franco
Vassallo steht ihm ein erstklassiger Partner als Posa beim berühmten Duett
aus “Don Carlo” zur Seite, das in dieser Aufnahme unter wohltuendem Verzicht
auf Stimmprotzerei zutiefst persönlichen, ja intimen Bekenntniswert gewinnt.
Die wunderbar weiche Stimmung in “La vita e inferno” lässt die Erwartungen
auf sein Rollendebüt als Alvaro in “La forza del destino”, das er im
Dezember in München geben will, in die Höhe schnellen. Und die beiden Szenen
aus “Otello” lassen hoffen, dass in absehbarer Zeit wieder ein Interpret
dieser Rolle auf der Bühne stehen wird, bei deman keine Abstriche in Kauf
nehmen muss.
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