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Coburger Tageblatt, 23.01.2010 |
J.B. |
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Wenn Sehnsucht sich in Klang verwandelt
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Ist
Jonas Kaufmann der neue "Shooting-Star" unter Deutschlands Tenören? Wer die
vielstimmigen Lobeshymnen liest, die auf den in München geborenen Sänger
angestimmt werden, könnte fast den Verdacht hegen, hier werde eine jener
vokalen Sternschnuppen besungen, die rascher verglühen, als sie aufsteigen
können. In Wahrheit steht hinter den Erfolgen von Jonas Kaufmann eine
bemerkenswert kontinuierliche, zielstrebige und bedachtsame, fast vorsichtig
sich entwickelnde Karriere.
Auf seiner jüngsten CD-Einspielungen widmet sich der Tenor Jonas Kaufmann
der deutschen Oper von Mozart und Wagner sowie Schuberts "Schöne Müllerin",
der im September in Coburg in einer faszinierenden Wiedergabe mit dem
Bariton Christian Gerhaher im Landestheater zu erleben war. Kaufmanns
kraftvoller und bemerkenswert tragfähiger Tenor ist in allen Lagen stets
sicher geführt, verbindet intensives Durchsetzungsvermögen in der Höhe mit
klangvoller, bisweilen baritonal dunkel gefärbter Tiefe. Ob in Taminos
"Bildnisarie" oder Lohengrins "Gralserzählung" – stets beeindruckt Kaufmann
mit eindringlich differenzierter Gestaltung. Basis dafür ist die durchweg
prägnante und fast bruchlos verständliche Textgestaltung. Die gestalterische
Intelligenz Kaufmanns entfaltet sich dabei immer wieder im intensiven Dialog
mit dem Mahler Chamber Orchestra. Mit seiner musikalischen Intelligenz und
seinen stimmlichen Möglichkeiten ist Jonas Kaufmann längst mehr als nur ein
Hoffnungsträger für die darbende Plattenbranche. Dennoch sollte berechtigter
Jubel nicht völlig unkritisch stimmen für manche Eigenheit seines Singens.
Seine unüberhörbare Neigung zu Vokalverfärbungen etwa irritiert gerade
deshalb, weil sie die ansonsten sehr sorgfältig geformte vokale Linie stört.
Hörbar wird dies auch in seiner Neueinspielung von Schuberts Liederzyklus
"Die schöne Müllerin", den er –– am Flügel begleitet von Helmut Deutsch –
mit großer Sorgfalt, immer wieder auch mit allzu großem Nachdruck gestaltet. |
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