Märkische Allgemeine, 01.08.2009
Frank Kallensee (bj, lw)
 
ABGEHÖRT: ABGEHÖRT, Ausschnitt
Heldisch
Nach seinem romantischen CD-Debüt im Januar 2008 hyperventilierten die Rezensenten. Vergleiche mit Fritz Wunderlich wurden strapaziert und der seriöse „Guardian“ ließ uns wissen, dass Jonas Kaufmann „wohl der beste Tenor“ sei, „den Deutschland in den vergangenen 50 Jahren hervorgebracht“ habe. So viel Lob macht hellhörig – aber auch misstrauisch. Richtig ist immerhin, dass der 40-jährige Münchner mit Verdi und Puccini ein kontrolliertes Feuerwerk der Gefühle zünden kann. Die Italianità ist sein Ding, keine Frage. Aber wenn er nicht als Alfredo in „La Traviata“ flittern oder als Cavaradossi in „Tosca“ strahlen kann, läuft’s mitunter doch auf jene steif gequetschte Tenormühsal hinaus, die auch etlichen seiner Kollegen nicht fremd ist. Insofern ist die kuriose Kompilation von Wagner-, Mozart- und entlegenen Schubert-Arien, die er jetzt als zweites Recital-Album vorlegt, ein gutes Stück Realitätsgewinn. Willkommen im Heldenfach! Wohl gelingen ihm ein muskulöser Lohengrin, ein Parsifal von kluger Torheit und ein dunkler Florestan („Fidelio“), aber allesamt nicht schwerelos und mit der nötigen klaren Diktion. Wenn diese albern mit „Sehnsucht“ übertitelte Platte dennoch nobler klingt als Kaufmanns Erstling, dürfte das nicht zuletzt der anspornenden Gegenwart des Dirigenten Claudio Abbado zu verdanken sein. Und der des Mahler Chamber Orchestras, das Beethoven wie Beethoven, Mozart wie Mozart, Wagner wie Wagner spielt, also nicht nivelliert, was trennend zwischen diesen Komponistenheroen liegt. Eines ist jetzt freilich auch klar: Kaufmann ist ausgezogen, um sich an Jahrhundertsängern messen zu lassen. Und wenn er klug weiter macht, schneidet er hier vermutlich gar nicht schlecht ab.






 
 
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