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Wiesbadener Kurier, 31.07.09 |
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Wanderer überm Nebelmeer |
CD AKTUELL |
Endlich
wieder ein deutscher Tenor, dem man ganz Großes zutraut. Und einer, der sich
zum deutschen Repertoire bekennt. Nach all den Latin-Lover-Tenören und ihren
Hochton-CDs, die so einfallsreiche Titel wie "French Arias" oder "Italian
Arias" tragen, kommt Jonas Kaufmann den Phono-Marketingstrategen gerade
recht: Ein Tenor, der jung ist und trotzdem die harte Provinzschule schon
durchlaufen hat, der ein Sympathie- und Dreitagebart-Träger ist und sich zu
den Wurzeln seiner Kultur bekennt. Darum blickt uns der Lockenkopf auf
seiner gerade erschienenen Arien-CD vor deutschestem Hintergrund an. Man hat
ihn hineinretuschiert in Gemälde von Caspar David Friedrich, Kaufmann wird
zum Wanderer über dem Nebelmeer und erklimmt das Riesengebirge. Etwas platt
zwar, aber optisch wirksam. Jonas Kaufmann also singt Urdeutsches,
wenngleich in eigentümlicher Mischung: Arien aus Mozarts "Zauberflöte" und
aus weitgehend unbekannten Schubert-Opern, die zentrale Florestan-Arie aus
Beethovens "Fidelio" und gleich mehreres von Wagner, nämlich Ausschnitte aus
"Lohengrin", "Die Walküre" und "Parsifal". Und er tut es mit einem Timbre,
das dann doch viele mediterrane Farben mitbringt, dunkle Wärme statt
stahlharte Brillanz. Jonas Kaufmann ist kein Tenor, der durch
überschäumendes Temperament oder betonte Forte-Spitzen auf sich aufmerksam
machen möchte. Im Gegenteil, als Tamino klopft er mehr artig als wild
entschlossen am Weisheitstempel an, und als Siegmund besingt er den
Wonnemond mit angenehmen Piano-Passagen. Als Vorbild gibt der Sänger
übrigens Fritz Wunderlich an - und in der Tat haben beide Stimmen durchaus
einiges gemein. Die Klassiker-Bildbearbeitung aus dem Hause Decca mag
sorgfältig ausgefallen sein, das Korrekturlesen des Booklets aber nicht.
Demnach sollte die Gralserzählung Lohengrins enden mit Einwürfen König
Markes (Anmerkung: ?!) (gesungen von Valdis Jansons) und des Chores,
doch hören tut man davon nichts; offenkundig wurde die Passage kurzfristig
gestrichen, ohne dass sich diese Information hausintern herumgesprochen hat. |
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