Frankenpost, 02.06.2009
Kerstin Starke
 
Deutsche Arien - natürlich schön
 
  Er hat eine Stimme, die fasziniert: Kaum ein Tenor interpretiert seine Arien so selbstverständlich, so ohne jedes Pathos, dafür aber mit viel Musikverständnis wie Jonas Kaufmann. Nicht er als Sänger - und er gilt weltweit als einer der besten - steht im Vordergrund, sondern seine Rolle und die Musik. Damit beeindruckt er in Zürich, London, New York, Salzburg, Wien, Mailand und Paris sein hingerissenes Publikum. In Deutschland holte ihn die Anerkennung erst ein, als er im Vorjahr seine erfolgreiche Debüt-CD "Romantic Arias" veröffentlichte. Inzwischen hat auch die musikinteressierte Welt seiner Heimat den 39-jährigen Münchner als den erkannt, der er ist: Ein Sänger von Weltformat, wie es ihn in Deutschland seit Fritz Wunderlich - seinem Idol - nicht mehr gegeben hat.

Wer keine Gelegenheit hat, ihn live zu erleben, kann den Ausnahmesänger durch sein zweites Solo-Album kennen lernen, das gerade bei Decca erschienen ist. Mit "Sehnsucht" präsentiert er, begleitet vom Mahler Chamber Orchestra unter Claudio Abbado, Szenen aus Opern von Mozart, Beethoven, Schubert und Wagner. "Mit diesem Repertoire bin ich aufgewachsen", verrät der sympathische Sänger. "Es hat mich seit der Zeit meiner ersten musikalischen Erinnerungen begleitet; man kann sagen, es steckt in meinen Genen." So natürlich wie ihm diese Musik ist, so natürlich gibt er sie wieder - mit allen Ausdrucksnuancen, die eine Rolle zulässt.

In Fleisch und Blut übergegangen ist dem dreifachen Familienvater, der mit der Mezzosopranistin Margarete Joswig verheiratet ist, mittlerweile die Partie des Tamino aus Mozarts "Zauberflöte". Sie kennt er seit dem Studium, und so dürfen Kostproben wie die "Bildnis-Arie" nicht fehlen. Aus Beethovens Oper "Fidelio" findet sich auf der CD die Auftrittsszene des Florestan, und als Kontrast dazu kredenzt der Tenor einen Ausschnitt aus Schuberts "Fierrabras" und - auf besonderen Wunsch Claudio Abbados - eine lyrische Arie aus dessen "Alfonso und Estrella".

Der Großteil des Albums jedoch gehört Wagner; und das nicht von ungefähr. Am 5. Juli singt er bei den Münchner Opernfestspielen erstmals den "Lohengrin" - die Partie, mit der er 2010 in Bayreuth debütiert. Die Gralserzählung und die Arie "Mein lieber Schwan!" lassen ahnen, dass Kaufmann - ganz gemäß den Wünschen des Komponisten - diese "italienischste Oper Wagners" auf der Grundlage seiner Erfahrungen mit der Musik Verdis und Puccinis interpretieren wird.

Wie fast alle Arien des Albums hat der Tenor, dessen Stimme einen baritonalen, stets warmen Klang hat, die des Parsifal schon auf der Bühne gesungen; auch aus dieser Oper wurden Ausschnitte aufgenommen. 2011 wird Jonas Kaufmann an der Metropolitan Opera New York den Siegmund im "Ring des Nibelungen" interpretieren; die Arie "Winterstürme wichen dem Wonnemond" aus der "Walküre" ist hier ein kleiner Vorgeschmack darauf.

So natürlich wie der Ausnahmetenor mit der Musik umgeht, wenn er dem - stets gut verständlichen - Text selbst im zartesten Pianissimo noch Ausdruck verleiht und auch an den leidenschaftlichsten Stellen nie in Affektiertheit verfällt, so spielt er auf der Bühne. Sein Sinn für das Gesamtkunstwerk spiegelt sich im neuen Album. "Der Titel ,Sehnsucht' im Sinn von (Todes-)Sehnsucht der Romantik-Bewegung trifft die Stimmung auf der CD mehr als jeder andere", erläutert Kaufmann. Dazu gehört die Gestaltung des Covers, für das er das Gemälde "Der Wanderer über dem Nebelmeer" von dem deutschen Meister der Romantik, Caspar David Friedrich, wählte; hier spielt der Sänger damit und setzt sich selbst im schwarzen Gehrock, dem Betrachter zugewandt, an die Stelle des sonst übers Tal blickenden Wanderers.

Kurze Zeit nach dem Lohengrin-Debüt in München wird der Opernstar auch mit unserer Region in Kontakt kommen: Am 22. Juli ist Jonas Kaufmann zu Gast bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen in Regensburg, wo er ein Konzert gibt - begleitet von den Hofer Symphonikern.






 
 
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