teleschau - der mediendienst, 26.05.09
Von Hans Czerny
 
CD Kritik: Sehnsucht von Jonas Kaufmann
 
mit Leserkommentaren von monstersandcritics.de
Wie eine Rakete stieg er hoch, in den Sängerhimmel - endlich auch hierzulande, nach der Veröffentlichung seiner CD 'Romantic Arias' im Januar 2008: der Münchner Tenor Jonas Kaufmann. Ein Familienmensch mit stimmlicher Strahlkraft und Wärme, dessen Bühnenpräsenz in fernen Landen (immerhin die Metropolitan Opera in New York!) sich auf dieser CD durchaus vermittelte. Ein 'kontrolliertes Feuer der Gefühle' hatten wir bei seinen Verdi- und Puccini-Arien festgestellt, obendrein auch eine Reinheit der Gefühle, beispielsweise bei Flotows 'Ach so fromm'. Der Vergleich mit seinem unvergessenen Vorbild Fritz Wunderlich lag ziemlich nahe. War diese Veröffentlichung kaum zu toppen, so macht sich bei der neuen CD nun doch leichte Enttäuschung breit - was nicht zuletzt auch an der seltsamen Versammlung aus Wagner-, Mozart- und entlegen-unbekannten Schubert-Arien liegt. Als 'herausragende Arien der deutschen Operntradition' (Cover) lässt sich jedenfalls kaum bezeichnen, was da versammelt ist.

Mag ja sein, dass man besonders hellhörig wird, wenn man einen mit den Tenor betreffenden Superlativen konfrontiert. Kaufmann sei 'wohl der beste Tenor, den Deutschland in den letzten 50 Jahren hervorgebracht' habe, schrieb beispielsweise der sonst so seriöse britische 'Guardian'. Angesichts solcher Gedankenflüge ist man dann beim Hören einigermaßen enttäuscht. Kaufmanns Revier scheint tatsächlich die italienische Oper zu sein, dort wo es flittert und glänzt. Die klare Diktion und das schwerelose Füllen großer Räume sind seine Sache nicht.

Kurz vor Vollendung des 40. Lebensjahres (10. Juli) könnte das Kalender-Timing des Sängers nicht besser sein: Just zwischen die 'Brit Awards' und die Deutschlandfeier am Brandenburger Tor mit Beethovens Neunter wurde der Release der neuen CD in den Münchner Eisbachstudios gelegt. Fehlenden Kampfgeist kann man dabei Kaufmann nicht vorwerfen. Anstatt ein weiteres Wunschkonzert mit Best-of-Arien zu veranstalten, lässt er sich an Wagner-Arien ('Lohengrin', 'Parzifal', 'Walküre') und Mozart mit Jahrhundertsängern messen.

Kaufmann strebt ins Heldenfach, er möchte nicht mehr länger nur Alfredo ('La Traviata') oder Cavaradossi ('Tosca') sein. Der Held kommt allerdings auf der CD im Gewand jenes deutschen Sehnsuchtsjünglings daher, der stets die blaue Blume sucht oder wenigstens den heiligen Gral. (Die Richter-Sehnsuchtsbilder im Booklet verstärken diesen Aspekt.)

Kaufmanns Karriere scheint von Zeitverschiebungen gekennzeichnet zu sein: Er holt jetzt nach, was er sich seit der Jugend erträumt hatte, und besinnt sich auf das in seiner Studienzeit geübte Repertoire. Die Frage ist freilich, ob man den Hörer mit seinen Lieblingserinnerungen belästigen muss. Selbst die Tamino-Szenen ('Zauberflöte') auf der CD (einst im Studium unter Colin Davis konzertant geübt) wirken nicht recht überzeugend in ihrer Verdunkelung, mag diese Rolle auch Kaufmanns Paraderolle an der 'Met' gewesen sein.Kaufmanns nächste CD wird, wie man hört, Schuberts 'Die schöne Müllerin' sein. Dann werden wir sicher wieder zu Kaufmann-Fans mutieren. Vorerst blicken wir aber erst einmal auf einen Wechsel, der in naher Zukunft eingelöst werden soll: Am 05. Juli wird mit dem 'Lohengrin' an der Bayerischen Staatsoper eine neue Kaufmann-Ära eingeleitet. Bayreuth wartet auch schon. 'Ich stehe auf einer Hochebene. Ich weiß nicht, ob ich noch weiter nach oben steigen kann, und ob ich das möchte', sagte der Sänger in einem Interview. 'Jeder Schritt birgt die Gefahr, herunterzufallen.' Wer es weiß, ist klug. Wir halten derweil schon mal den Daumen.
Leserkommentare:
werner 26. Mai 2009, 13:11

Nun könnte ich nicht behaupten, dass sich bei mir eine leichte Enttäuschung breit macht. Im Gegenteil: Diese CD übertrifft seine erste noch gewaltig. Auch stammen die Arien aus der Zauberflöte nicht aus seiner Studienzeit, sondern er hat den Tamino vor ca. zwei Jahren an der Met und auch in Zürich gesungen. Ich persönlich finde das dunkle Timbre auch für Mozart sehr interessant.'Seltsame Versammlung' von Arien ist doch lachhaft. Es handelt sich um das Repertoire, das er schon gesungen hat, abgesehen von der Schubertarie aus Alfonso und Estrella. Auf jeden Fall ist ihm mit dieser CD ein ganz großer Wurf gelungen.
Welcher Sänger kann noch ein derartig breites Repertoire singen.
werner26. Mai 2009, 14:39

Nachtrag:
'Die klare Diktion ist seine Sache nicht': Das kann ich nur als Scherz auffassen, denn Jonas Kaufmann singt absolut textverständlich, egal in welcher Sprache
 
rumaha26. Mai 2009, 15:04

Man stellt immer wieder fest, dass es Erbsenzähler unter den Kritikern gibt, die aber letztlich nur ihre Auffassung wiedergeben.
Für mich und meinen bekanntenkreis ( Musikinteressierte) ist Jonas Kaufmann der absolute Spitzensänger unserer Zeit. Ich kenne momentan
keinen Sänger, der in der Lage ist, das was er singt so über die Stimme zum Ausdruck zu bringen, dass er die Seele der Menschen berührt. Seine
Stimme ist auch gerade durch seine baritonale Grundlage und der darauf
basierenden strahlenden Höhe sehr interessant und hat dadurch erheblich
mehr 'Farbe'. Seine Textverständlichkeit ist vorbildlich, sowohl im
deutschen als auch im italienischen und französischem Fach.

Lassen wir die Kritiker da, wo sie hingehören und erfreuen wir uns
alle an der Stimme dieses wunderbaren Sängers.
paul26. Mai 2009, 21:45

Ärgerlich ist diese Kritik. Nicht nur wegen ihres Inhalts, sondern auch weil sie wenig hinterfragt in vielen angeschlossenen Blättern erscheint.
Schlecht recherchiert, aus dem Zusammenhang gerissene Zitate aus dem Booklet sinnverdrehend zur Polemik genutzt, inhaltsleer und von erschreckend mangelhafter Sachkenntnis.
Was, wenn nicht den Tamino, den Florestan, den Lohengrin und sinnvoll in diesem Zusammenhang den Fierrabras und Parsifal würden Sie denn, lieber Rezenzent, als herausragende Tenorarien der deutschen Opernliteratur bezeichnen? Es bleibt zu hoffen, dass ihnen Mozart, Schubert, Beethoven und Wagner zumindest ein Begriff sind.
Wann hat man denn zuletzt diese Arien so musikalisch, stilsicher, durchdacht und lebendig interpretiert, großartig vom Orchester und Claudio Abbado unterstützt, auf einer CD von einem Sänger gehört?
Vergleicht man andere Kritiken derselben Redaktion, wird man den Verdacht des Hinauf- oder Herunterschreibens nicht los.
Ärgerlich!

richtersbilder 1. Jun 2009, 13:54

Der Artikel ist eine Ansammlung abgeschriebener Phrasen und falscher Aussagen, fast möchte man bezweifeln, dass der sogenannte Kritiker die CD überhaupt angehört hat. Wo der Schreiber eigene Worte einbringt strotzt es zudem vor Fehlern. Der Satz,
„Kaufmann strebt ins Heldenfach, er möchte nicht mehr länger nur Alfredo ('La Traviata') oder Cavaradossi ('Tosca') sein.“
ist purer Unsinn. Zwar lässt Jonas Kaufmann den Alfredo in Anbetracht der Anzahl der Traviata-Vorstellungen in seiner Karriere langsam hinter sich (er singt die Rolle seit dem Jahre 2000 und er liebt die Abwechselung), aber er zählt, wie er in mehreren Interviews gesagt hat, den Cavaradossi momentan zu seinen absoluten Lieblingsrollen.
Außerdem sollte der Schreiber wissen, dass JK seine zukünftigen Pläne sehr ausgewogen auf das italienische, französische und deutsche Fach aufgeteilt hat. So steht nicht nur das Rollendebüt als Lohengrin an, sondern auch Anfang nächsten Jahres das Debüt als Werther. Weitere geplante Rollen sind Maurizio (Adriana Lecouvreur) und Enée (Les Troyens), sowie Hoffmann (Les contes d’Hoffmann), Riccardo (Ballo in maschera) und andere Wunschrollen im italienischen und französischen Fach.
Jonas Kaufmann strebt nicht nach dem heldischem Fach sondern das heldische Fach strebt eher nach ihm. Werden doch deutschen Sängern oftmals nur deutsche Partien angeboten. Mit viel Ausdauer und enormen Sprachkenntnissen hat er es geschafft, dass er auch als französischer und italienischer Tenor berühmt geworden ist. Bayreuth hat ihn in einer Pressemeldung nicht umsonst als Traum-Schwanenritter bezeichnet. Es war nicht das erste Rollenangebot das ihm Bayreuth gemacht hat, sondern das erste was er angenommen hat.
Ich kenne mich in der Malerei nicht sonderlich aus, aber was bitte meint der Schreiber mit Richter-Sehnsuchtsbilder. Der Maler heißt doch Caspar-David Friedrich?!
Den Tamino hat JK gerade 3x an der Met gesungen, den Alfredo ca. 15 x. Der Tamino hat dort weitaus weniger Aufsehen erregt als der Alfredo. Wieso ist der Tamino dann die Paraderolle an der Met? Im Übrigen gefällt mir die Interpretation sehr, aber das ist wohl reine Geschmackssache. Eine deutsche Zeitung schrieb dazu „Sein Tamino ist ganzer Mann statt Jüngling“.
Zitat: „Kaufmanns nächste CD wird, wie man hört, Schuberts 'Die schöne Müllerin' sein. Dann werden wir sicher wieder zu Kaufmann-Fans mutieren.“
Woher weiß der Schreiber im Voraus dass ihm diese CD besser gefallen wird? Wo es JK doch an der Diktion, die man besonders im Lied-Bereich braucht, mangeln soll? Die Aussage zur Diktion ist schlichtweg lächerlich und man fragt sich welchen merkwürdigen Dialekt der Schreiber spricht, wenn er nicht in der Lage ist die einwandfreie Diktion eines Jonas Kaufmann zu erkennen.






 
 
  www.jkaufmann.info back top