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Der Neue Merker |
Dirk Altenaer |
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JONAS KAUFMANN - "Sehnsucht" - Arkadische Gesänge
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„... gehört zum Besten der letzten
Jahre...“ |
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Die romantische Empfindung, der Deutschen Sehnsuchtsdrang jenseits der Alpen
nach Italien zu ziehen, scheint auch das neue Recital von Jonas Kaufmann mit
Arien aus deutschen Opern beflügelt zu haben. Ins altehrwürdige Parma und
seinem Niccolo Paganini gewidmeten Auditorium zog der Tenor mit dem Mahler
Chamber Orchestra ein, um unter Altmeister Claudio Abbado seinen
Ausnahmetenor verströmen zu lassen. Altersweise Gelassenheit des Maestros
gepaart mit dem jugendlichen Aplomp des Tenors gebaren ein Ergebnis, wie es
bei einem Recital überhaupt selten ist und heute gar zur Sensation geriet.
Der lapidar gewählte Titel "Sehnsucht" untertreibt geheimnisvoll den schier
sagenhaften Inhalt dieser 70-minütigen Seelenreise durch die deutsche
Opernliteratur. Als Dreh- und Angelpunkt wählten beide Künstler Franz
Schubert. Hochromantik im Mittelpunkt: Franz Schuberts Schaffen gehörte von
je zum Standardrepertoire Abbados und Jonas Kaufmann kann damit seiner
Karriere als begnadeter Konzert- und Liedinterpret Tribut zollen, was sich
vor allem in Alfonsos zart gefühlvollem "Schon wenn es beginnt zu tagen"
manifestiert. Fierrabras’ dramatisches Bekenntnis "Was quälst du mich, o
Mißgeschick" scheint Schuberts Paraphrase auf die dieser Arie vorangehende
Szene des Florestan zu sein. Beethovens gesungenes Manifest der Sehnsucht
nach Befreiung singt Kaufmann in tief erschütternder Diktion. Sein sich wie
aus dem Nichts bahnbrechendes crescendiertes "Gott" gehört vielleicht zum
Kostbarsten, was dieser Arie je widerfahren durfte. Weder gebrüllt noch
larmoyant gesäuselt stellt sich hier ein aufrechter Kämpfer seinem
Schicksal, die Vision gerät Kaufmann zur überzeugenden Apotheose. Die äußere
Klammer bildet das Schaffen Richard Wagners. Mit einer kernig virilen
"Gralserzählung" und einem innig verhaltenen Abschied von seinem geliebten
Schwan, gibt Kaufmann einen Vorgeschmack darauf, worauf sich Bayreuther
Festspielbesucher in vokaler Vollendung 2010 freuen dürfen (und die Münchner
Festspielbesucher bereits im Juli 2009 – Anm.d.R.). Nach einer lyrisch
liedhaften Hymne auf den die Winterstürme vertreibenden Wonnemond, schließt
das Recital mit zwei großen Szenen aus dem Bühnenweihfestspiel "Parsifal".
Für den Wehklageruf findet Kaufmann den großen heldischen Ton - schattenhaft
scheint über allem der große Kanadier Jon Vickers zu schweben - nur
verzichtet sein "Nachfolger" auf dessen Unarten, Presstöne und
Vokalverfärbungen - und in der Finalszene scheint er schon umflort von der
Abgeklärtheit des neuen Gralshüters. Abbado, der Farbmagier am Pult des im
luziden Spiel auftrumpfenden Mahler Chamber Orchestras, läßt es sich nicht
nehmen, das Nachspiel nebst Chor (souverän in allen Chorstellen auf der CD
mit sauberer Diktion der Coro del Teatro Regio di Parma) in aller Breite
auszukosten. Reine Stimmsucher werden da allerdings schon die Stoptaste
anvisiert haben. Es ehrt die Produzenten, für die Sprecherszene aus Mozarts
"Zauberflöte" neben dem heldisch auftrumpfenden Tamino Kaufmanns einen
Michael Volle als Sprecher aufzubieten - eine wahre Luxusbesetzung. Nach der
Bildnisarie gehört Kaufmanns musikalisch ausgefeilte Interpretation der
Flötenarie vielleicht zur schönsten Interpretation nach Fritz Wunderlich.
Macht eine souveräne Margarete Joswig im kurzen Kundry-Einschub auf sich
aufmerksam, so sucht man allerdings nach dem als König Heinrich
ausgewiesenen Bassisten Valdis Jansons, der die Chorphrase nach der
Gralserzählung hätte mitinterpretieren sollen, leider vergebens. (Ist das
nach Abhören des Mutterbandes keinem aufgefallen? Bei einer Vollpreis-CD
einer renommierten Firma, wie der DECCA eine unverzeihliche Peinlichkeit.)
Über den Designer-Gag, Jonas Kaufmann als denkenden Wanderer in diverse
Gemälde Caspar-David Friedrichs einzuscannen, schweigt des Kritikers
Höflichkeit. |
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