|
|
|
|
|
Abendzeitung, 21. Mai 2009 |
Robert Braunmüller |
|
Der Schwanenritter
|
Niemand vereint derzeit so temperamentvoll
lyrischen Schmelz, heldisches Pathos und einen dezidiert männlichen Tonfall
wie der 39-jährige Münchner. Am Freitag erscheint "Sehnsucht", die neue CD
des Tenor-Stars Jonas Kaufmann. |
|
So schön wurde der Gral lange nicht mehr besungen. Das „ferne Land, unnahbar
euren Schritten“ verbergen sanfte Morgennebel. Den „lichten Tempel" malt der
Sänger duftig in Pastell, ehe er die Taube zart schweben lässt. Wenn im
Orchester die tiefen Register einsetzen, gewinnt die Stimme an baritonaler
Wärme, um zuletzt, wenn des Schwanenritters Name genannt wird, heldisch zu
erstrahlen. Die Ausschnitte aus „Lohengrin“ verkürzen das Warten auf die
Festspielpremiere am 5. Juli im Nationaltheater mit Kaufmann als
Schwanenritter. Sie sind am Beginn der Platte zu hören, Ausschnitte aus
Wagners anderer Gralsoper „Parsifal“ beschließen sie. Dazwischen gibt es
Arien von Mozart, Beethoven und Schubert. Auch sie rechtfertigen
Superlative: Niemand vereint derzeit so temperamentvoll lyrischen Schmelz,
heldisches Pathos und einen dezidiert männlichen Tonfall wie der 39-jährige
Münchner.
Der Tenor überzeugt auch als Darsteller
Mehr noch: Kaufmann überzeugt auf der Klangbühne einer CD auch als singender
Darsteller. Er verkörpert nicht nur Taminos Verliebtheit in der Bildnis-Arie
aus Mozarts „Zauberflöte" mit maßvoller Glut, er forscht auch mit
klassizistischem Pathos in der Szene vor dem Weisheitstempel nach der
Wahrheit. Im Kerker von Beethovens „Fidelio" gelingt die Gratwanderung
zwischen der traumhaften Erinnerung und Florestans „an Wahnsinn grenzender,
doch ruhigen Begeisterung" im schnellen Schlussteil, weil Kaufmann die Rolle
musikalisch gestaltet und nicht gestikulierend übertreibt. Lohengrins
Abschied beglückt weniger. Hier zwingt Kaufmann den Lyrismus herbei. Dafür
entschädigt der Münchner mit gefühlsbetontem, aber unsentimentalem Gesang.
„In tiefbewegter Brust“ aus Schuberts „Fierrabras“ liegt für ihn anstrengend
hoch: Hier sind gepresste, unter Anstrengung gebildete Töne zu hören, derer
man nicht recht froh wird.
Und die Gattin prunkt als Kundry
Veredelt wird das Recital durch das Mahler Chamber Orchestra unter Claudio
Abbado. Michael Volle steuert einen perfekten alten Priester bei, Kaufmanns
Gattin Margarethe Joswig prunkt kurz als Kundry mit ihrem gehaltvollen
Mezzo. Höhepunkt der Platte ist Siegmunds „Winterstürme" aus Wagners
„Walküre", wo die dunkle Grundierung der Stimme perfekt mit der Eleganz des
Sängers harmoniert. Kaufmann hat sich nach einer beachtlichen Karriere als
lyrischer Tenor stetig in die Heldenklasse vorgearbeitet. Weil er auch in
italienischen oder französischen Rollen Erfolg hat und zu allem Überfluss
gut aussieht, lastet wegen der Dauerkrise von Rolando Villazón ein hoher
Erwartungsdruck auf ihm. Der Münchner hat das Zeug zum Tenor-Superstar.
Hoffen wir, dass er auch nein sagen kann, wenn gefährliche Angebote locken. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|