Rondo, 12.12.2009
Christoph Braun
 
Der Rosenkavalier 
 
Ausgerechnet hier, wo die Zeit, Vergänglichkeit und das Wissen darum Thema wird, glaubten Strauss und Hofmannsthal, die Bühnenbilder und Kostüme, die Alfred Roller 1911 in der Dresdner Uraufführung entworfen hatte, auf ewig, zumindest auf 50 Jahre, vertraglich konservieren zu können. Zwar muss man rechtlich schon längst nicht mehr an den k. u. k.-Reliquien festhalten, aber das Verbot hat gewirkt und wirkt offenbar noch immer. Sieht man von wenigen Mutigen ab (wie etwa diesen Sommer Stefan Herheim in Stuttgart), so blieb und bleibt der "Rosenkavalier" offenbar vom vielgescholtenen Regietheater verschont. Stattdessen kann man – oder muss man, je nachdem – einem immergleichen spiegelglitzernden und kronleuchternden Rokokospiel beiwohnen, bei dem allenfalls die Kostüme vorsichtig modernisiert werden. So auch bei Herbert Wernicke, dessen Salzburger und Pariser Inszenierung von 1995/6 im letzten Winter in Baden-Baden recycelt wurde. Dem austernschnäuzigen Publikum war das provokationslose Bühnenambiente ebenso recht wie Christian Thielemann. Den Neureichen, weil sie sich hier in Badisch-Nobelheim auch ohne Gehirnwindungen dem klanglichen Schwelgen hingeben durften, sei es vor oder während der Pausentrüffelpastete. Und dem Noch-Münchner GMD und baldigen Dresdner Kapellmeister, weil ihm kein Bühnenprovokateur die Show stehlen konnte. Und in der Tat: Hört man Thielemanns zwischen leichtfüßigen Subtilitäten und federnd-auftrumpfender Herrlichkeit angesiedelte Orchesterkunst, dann ist man versucht, die Augen zu schließen und sich ganz dieser "Komödie für Musik", wie sie im Untertitel heißt, hinzugeben. Insbesondere das Baden-Badener Damen-Trio wird man einen sängerischen Glücksfall in der nicht eben armen "Rosenkavalier"-Tradition nennen müssen. Aber auch einen schauspielerischen. Renée Fleming lebt glaubwürdigst eine Marschallin, die als erotisch erfahrene Grand Dame um ihre Reize, aber auch schmerzlich um deren Vergänglichkeit weiß – und um die banale Männernatur, die Franz Hawlata mit einem recht harmlos-wienerischen Ochs verkörpert. In Sophie Kochs Octavian und Diana Damraus Sophie begegnet man der Strauss-Hofmannsthal'schen Beschwörung einer Jugend, der wahrlich die Zukunft gehört, erst recht in solch "himmlisch" entrückten, schaurig-schönen Fis-Dur-Verklärungen. Dass man an der Oos nicht kleckert, sondern klotzt, dafür stand nicht zuletzt Jonas Kaufmann, der seine italienische Fünfminutenrolle wohl recht teuer auf Hochglanz polierte. Darauf einen Schampus und für diesen Rosenkavalier einen Ehrenplatz im DVD-Regal.






 
 
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