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Campus Web, 15.02.2008 |
Dustin Wollny |
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CD-Kritk: The German Wundertenor.
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Eine Stimme mit Worten zu beschreiben fällt schwer. Weil man schnell Gefahr
läuft sich mit inadäquaten Begriffen zu verzetteln. Dem Tenor von Jonas
Kaufmann lassen sich allerdings folgende Adjektive zweifellos zuschreiben:
warm, voll und klar, aber auch männlich, dunkel und kraftvoll. Fakt ist,
dass die internationale Presse Kaufmann und seine Stimme dieser Tage
ausschließlich mit überschwänglichen Worten bedenkt (The Guardian: „…wohl
der beste Tenor der letzten Jahrhunderthälfte aus Deutschland.“). Und das
nicht zu Unrecht, denn der Deutsche weiß sich gekonnt in Szene zu setzen. Er
verfügt über vielfältige Klangnuancen und vermag sie dem jeweiligen Stück
entsprechend virtuos umzusetzen.
Deswegen singt der 38 Jahre alte Münchner seit einigen Jahren an den
führenden Opernhäusern der Welt. Zuletzt sicherlich besonders Aufsehen
erregend an der Seite von Anna Netrebko in „La Traviata“ im Royal Opera
House, London. Und auch im Jahr 2008 stehen unzählige hochkarätige
Engagements an. Im Februar allerdings wird er an zwei Abenden in München und
Hamburg seine Debüt-CD Romantic Arias präsentieren. Für das Album wurden –
wie der Titel bereits sagt - ausschließlich romantische Arien ausgewählt.
Das heißt, die von Kaufmann interpretierten Nummern sind von großer
Leidenschaft und Hingabe geprägt. Der Hörer findet sich oftmals in einem
Spannungsfeld zwischen gefühlvoll-ruhigen und inbrünstig-crescendierenden
Passagen wieder.
Weil er fünf Sprachen fließend spricht, mussten bei der Auswahl des
Materials keinerlei Einschränkungen gemacht werden. So finden sich auf der
CD neben Ausschnitten aus Opern von Wagner, Carl Maria von Weber und Flotow,
auch Stücke aus dem französischen und italienischen Repertoire. In den
meisten davon ist Kaufmann bereits aufgetreten oder wird dies in naher
Zukunft tun. Im letzten Dezember zum Beispiel war der Deutsche in Puccinis
"La Bohème" zu sehen; auf Romantic Arias ist nun zu hören mit welcher
Passion Kaufmann den jugendlichen Heldentenor Rodolfos in „Che gelida
manina“ bewältigt. Wie er sich zusammen mit den Prager Philharmonikern gegen
Ende unwiderstehlich steigert, nur um dann mit einem ausgesprochen
einfühlsamen Schluss zu glänzen. Zu den Höhepunkten der CD gehört jedoch
zweifellos Kaufmanns Interpretation des Jägerburschen Max aus Webers
"Freischütz": Nach dem fulminanten Rezitativ „Nein! Länger trag’ ich nicht
die Qualen“ überzeugt er besonders mit der Arie „Durch die Wälder, durch die
Auen“. Die Passage scheint wie gemacht für ihn; äußerst einfühlsam setzt der
Tenor die gemächlichen ersten beiden Strophen um, steigert sich aber genauso
eindrucksvoll in der dritten. So überzeugend Kaufmann den Freischütz-Tenor
singt, so mitreißend gelingt ihm auch das dramatische „Invocation a la
nature“ aus "La damnation de Faust" von Hector Berlioz. Überhaupt ist die
Wandlungsfähigkeit mit der sich Kaufmann durch die Stücke auf Romantic Arias
singt, erstaunlich. Dass er sich selbst als romantischen Menschen bezeichnet
und sagt: „Ich liebe alle diese romantischen Sachen!“, nimmt man ihm gerne
ab. Wie könnte er sonst auf solch breitem Gebiet brillieren ohne an Glanz zu
verlieren.
Trotzdem bleibt die große Frage, ob Kaufmann wirklich so überragend ist, wie
die Presse uns gerne Glauben machen will. Fest steht aber, dass der
Münchener mit seiner Vielseitigkeit bei vielen Hörern Anklang finden wird.
Schließlich überzeugt Kaufmann durch Sicherheit in allen Stimmlagen, große
Einfühlsamkeit und Virtuosität. Und nicht zuletzt hat er Charakter. Romantic
Arias ist eine schöne Möglichkeit in den Genuss einer äußerst
beeindruckenden Stimme zu kommen. |
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