Opernwelt, November 2013
Jürgen Kesting
 
PLASTISCH, PRACHTVOLL, NOBEL

Jonas Kaufmann und Plácido Domingo huldigen Verdi - mit einem Recital und im «Requiem» der eine, mit Bariton-Arien der andere
Ausschnitt:
Daniel Barenboims gelungene neue Aufnahme des Verdi-Requiems mit dem Chor und Orchester der Mailänder Scala entstand am 27. und 28. August 2012, wenige Tage vor einer beeindruckenden Aufführung zum Abschluss der Salzburger Festspiele: Sie ist aus einem Guss. Barenboim stand das denkbar beste Ensemble zur Verfügung. Anja Harteros' lyrischer Sopran ist glänzend fokussiert und setzt sich auch gegen große chorische Massierungen durch — exquisit das sanfte flutende hohe B vor der finalen Fuge, erstaunlich das den Chor durchdringende hohe C. Elina Garanca, deren Stimme sich mit dem Sopran sehr gut mischt, wirkt zunächst eher kühl, auch in «Liber scriptus» und im «Recordare». Aber entspricht ihre Verhaltenheit der Musik nicht besser als die opernhafte Emphase, die bei Jonas Kaufmann gelegentlich durchbricht? Der Tenor beeindruckt mit einem raumfüllenden «Kyrie» und den dynamischen Kontrasten des «Ingemisco»: zart zu Beginn, dann mit machtvollen Phrasen. Nach dem inständigen «Domine Jesu Christe» wirkt sein «Hostias» allerdings fast zu süß. Rene Pape bleibt erstaunlich verhalten. Wie effektvoll auch die fast geflüsterten «mors»-Wiederholungen sein mögen, Angstschaudern vor dem Jüngsten Gericht, wie es einst Ezio Pinza auf faszinierende Weise gelang, bewirkt er nicht.






 
 
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