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Tiroler Tageszeitung, 08.11.2015 |
Von Ursula Strohal |
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Kaufmann voller Puccini-Leidenschaft |
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CD
„Nessun dorma“ zeigt den Tenor auf der Höhe seines Könnens – Drei neue DVDs
für optischen Operngenuss.
Da ist er wieder, der Tenor, der
mit Ausdrucksfülle und klanggegossenem Eros die Menschen überfährt, sie im
Gefühlsstrom mitreißt und für viele substituiert, was sie selbst nicht
kommunizieren. Jonas Kaufmann verkörpert das besonders, weil er – zu gut und
zu klug, um abqualifiziert zu werden – sich in seiner Vielseitigkeit auch
eines Repertoires annimmt, das intellektuell wenig ernst genommen wird: erst
Operette und jetzt Puccini. „Nessun dorma“ heißt seine neue CD – und keiner
schläft ein beim Hören.
Auf 16 Tracks singt Kaufmann Arien und Szenen
aus bekannten und weniger geläufigen Opern Puccinis. Und die Auswahl trägt
zur Qualität des Albums bei: Da werden nicht einfach Reißer abgespult und
nerven, da hat der Komponist viel Raum. Puccini, der als gefühlstriefender
Spätromantiker die Zeiten hindurch verkannt wird, hat in Kaufmann einen
fabelhaften Anwalt. Im Wesentlichen chronologisch zeigt der Tenor in
Ausschnitten aus den Opern Manon Lescaut, Le Villi, Edgar, La Bohème, Tosca,
Madama Butterfly, La Fanciulla del West, La Rondine, Il Tabarro, Gianni
Schicchi und Turandot als Themenalbum die fortschreitende Entwicklung des
Komponisten. Puccini (1858–1924) blieb stets am Puls der Zeit und war an
Neuerungen interessiert bis hin zum Kollegen Schönberg.
Kaufmann und
der großartige Antonio Pappano, der ihm an der Spitze der fähigen „Accademia
di Santa Cecilia“ tatkräftig, sensitiv und immer im Sinnzusammenhang die
Szenen aufbereitet, demonstrieren die Leidenschaft und
Charakterisierungskunst, mit der Puccini Situationen und Gefühlswelten
zeichnet und ausleuchtet. Kaufmann lässt sich ganz und gar darauf ein,
mobilisiert seine erstaunliche Ausdrucksspanne zwischen Lyrismen und
kraftvoller Emphase und hat für jede der verschiedenen Rollen eigene Klänge
und Nuancen. Das wertet die Männerrollen, bei Puccini gegenüber den Frauen
oft unterrepräsentiert, inhaltlich auf.
Es ist nicht zu überhören,
dass Kaufmanns baritonal gefärbte Stimme schwerer wird. Auf imposanter Höhe
seines Könnens stehen ihm die tenoralen Anforderungen noch zur Verfügung.
Rollen wie dem jugendlichen Des Grieux („Manon Lescaut“) entwächst er
allerdings, auf der Hörbühne einer CD und vor allem bei dieser Konzeption
wiegt das allerdings nicht so schwer.
Wer Kaufmann zuschauen will, er
ist ja auch ein hinreißender Schauspieler, kann zu drei dieser Tage
erschienenen DVDs greifen, die ebenfalls durchwegs zu empfehlen sind. Da ist
das Puccini-Konzert aus der Mailänder Scala vom Juni 2015, als Kaufmann, der
sich als deutscher Tenor – ein Alleinstellungsmerkmal! – das italienische
und französische Fach erobert hat, 40 Minuten gefeiert wurde. Weiters
Puccinis „Manon Lescaut“ unter Pappano aus der Londoner Covent Garden Opera,
mit (wie auf der CD) Kristine Opolais sexy in der Titelrolle und einem
grandiosen Kaufmann. Jonathan Kents zeitnahe und hintergründige Inszenierung
nah am Stück ist superb. Die dritte DVD zeigt ebenfalls einen Operntriumph,
„La Fanciulla del West“ mit Kaufmann und Nina Stemme aus der Wiener
Staatsoper. Welser-Möst am Pult, Regie Marco Arturo Marelli.
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