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Rondo, 20.06.2020 |
Robert Fraunholzer |
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Otello |
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Die
Reaktionen waren geteilt, als Jonas Kaufmann seinen ersten Otello sang –
2017 in London, dann 2019 in München. Einen auf dem Schlachtfeld
hartgewordenen Recken erkannte man in dem leicht verschatteten, scheinbar
kunstvoll ramponierten Tenor. Tatsächlich, Kaufmann singt weite Strecken
zerknirscht oder wie mit gefletschten Zähnen. Den Spitzentönen fehlt letzte
Strahlkraft. Dennoch kann angesichts der Studio-Aufnahme (entstanden kurz
nach den Münchner Aufführungen) Entwarnung gegeben werden: Gute bis sehr
gute Leistungen mit einem Hauptdarsteller, der Charakter und
Wiedererkennbarkeit zeigt. Nur der Mord an Desdemona liegt ihm irgendwie
nicht so ganz.
Ein Kunstgriff des Dirigenten Antonio Pappano bestand
darin, dass er dem großen Eifersüchtler keinen superpotenten, vollsaftigen
Rächer zur Seite stellt, sondern den 53-jährigen Carlos Álvarez als Jago;
welcher sich – nach Jahren oftmals kritischer Stimmverfassung – souverän
zurückmeldet. Mit der noch jungen Federica Lombardi hat man eine technisch
versierte Desdomona gecastet, der nur leider genau das fehlt, was Kaufmann
hat: Persönlichkeit.
Pappano vertritt die Ansicht, bei Verdi handele
es sich sozusagen um einen ‚Belcanto 2.0‘; also, sagen wir mal: um eine
dynamisierte, dramatisch aufgereizte Fortsetzung des romantischen
Schöngesangs. Das stellte die Crew bei diesem Spätwerk vor eine schwierige
Aufgabe. Es erklärt den eher defensiven Grundeindruck. Fraglos eine sehr
seriöse, gelungene Gesamtleistung. Und jetzt hören wir uns mal Mario del
Monaco an ...
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