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Codex flores, 30.12.2009 |
(wb) |
Jonas Kaufmann singt «Die Schöne Müllerin»
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In
einer Zeit, in der sich andere populäre Tenöre mit Verdi,
Puccini, Konzeptalben wie «Bad Boys» (Bryn Terfel) oder
Crossover beschäftigen, schärft Jonas Kaufmann sein Profil als
deutscher Tenor. Einem Album mit dem Titel «Sehnsucht» und
deutschem Liedgut aus Klassik und Romantik schiebt er nun eine
Live-Aufnahme von Schuberts «Die Schöne Müllerin» aus dem
Max-Joseph-Saal in München vom 30. Juli 2009 nach. Begleitet
wird er dabei – nomen est omen – von seinem früheren Lehrer
Helmut Deutsch. Zum Zuge kommt dabei ein moderner Konzertflügel.
Die Distanz zur historisch-kritischen Musizierweise scheint
einerseits im Trend zu liegen, andererseits kommt sie der
Tatsache entgegen, dass Kaufmann nicht durch und durch
Liedsänger ist, sondern eine grosse, weitragende, eher
opernhafte Stimme hat und sonst ja auch vor allem auf den
Opernbühnen Karriere macht.
Brüchigkeit, Transparenz, Intimität, Schlichtheit, feine
Differenzierung im expressiven Detail – die angeblich typisch
deutschen Merkmale der Liedkunst machen nicht die Stärken dieser
Einspielung auf. Kaufmann geht den Zyklus eher pauschal an –
sicher auch ein Merkmal der Liveinspielung, die haushälterische
Kräfte und den grossen Atem der Gestaltung erfordert. Möglich,
dass auch die Akustik des Raumes bei der Wahl der
Gestaltungsmittel eine Rolle gespielt haben mag. Sie scheint für
einen Liedvortrag nicht unbedingt ideal gewesen zu sein, in der
Nachbearbeitung wirkt das Klavier eher dumpf und dunkel, Sänger
und Pianist meiden akzentuierte Dynamikunterschiede
möglicherweise auch, weil sie im Saal gar keine Wirkung gezeigt
hätten.
Dennoch wird man von Kaufmann nach dem eher harmlos anmutenden
Beginn mehr und mehr in den Sog der Erzählung hineingezogen. Den
dunklen, depressiven Schluss gestaltet der Tenor in einem fast
verstummenden «Des Baches Wiegenlied» mit dem Mut zu Reduktion,
der die Stimme ihrer zu Beginn exponierten Strahlkraft gänzlich
entkleidet. |
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