Opernglas, Januar 2009
S. Martens
CD-News: Mit Begeisterung für das Lied
 
Prominente Sänger widmen sich der kleinen Form
Er wollte diesen Zyklus rechtzeitig aufnehmen, denn »Die schöne Müllerin«, so Jonas Kaufmann, verlange „ nach einer jungen Stimme—und auch nach einer Jungen Seele“. Die unglückliche Liebe zur Müllerin „ist seine erste schmerzvolle Erfahrung“. Und damit diese „Unschuld“ einigermaßen glaubhaft wirke, solle der Interpret „nicht allzu reif klingen“. Einen solchen interpretatorischen Ansatz im Booklet zu vertreten ist völlig legitim, doch stellt man sich natürlich unweigerlich die Frage, wieso ausgerechnet Kaufmann solch eine Meinung vertritt zumal die baritonal gefärbte Stimme des Sängers, der im Juli 2009 junge 40 Jahre alt geworden ist von Natur aus nicht jugendlich leicht klingt.

Die erste Aufnahme eines Schubert-Zyklus — im vergangenen Sommer im Max-Joseph-Saal der Münchner Residenz mitgeschnitten — beginnt trotz flüssigemTempo mit einem noch behäbig gesungenen „Wandern“. Erfreulicherweise agiert der Tenor bereits im darauf folgenden Lied „Wohin?“ wesentlich organischer und sicherer im Umgang mit dem Legato. Leidenschaftlich und impulsiv interpretiert er „Am Feierabend“, makellos gesungen geht das rastlos interpretierte „Mein!‘ sofort unter die Haut, während „Ungeduld“, das ebenso zu ungestümem Gesang einlädt, seltsamerweise recht blutleer beginnt, aber schnell gesteigert wird. Daneben vermag Kaufmann in „Morgengruß“ und „Des Müllers Blumen—welches beinahe zu süßlich gesungen ist—durch wohldosierte Intimität das Herz zu berühren. Mit Fortschreiten der »Schönen Müllerin« kippt unweigerlich die vorherrschende romantische Stimmung, und auch das weiß der Tenor durch seine aggressive („Die böse Farbe“) oder trostlose Interpretation („Der Müller und der Bach‘) gelungen zu deuten.

Die gemeinsame Reise begleitet Routinier Helmut Deutsch am Klavier äußerst konzentriert und mit dem richtigen Gespür für mehrdeutige Zwischentöne. Mitunter jedoch geraten beide Künstler in ihrem Vortrag so sehr in Wallung, dass Kaufmann im gesanglichen Rausch zu stark auf die Stimme drückt und dadurch seine Höhen einen verengten Klang annehmen.

Das Begleitheft zur CD bietet neben üblichen Künstlerinformationen und den Liedtexten in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch ein interessantes und ausführliches Interview mit beiden Interpreten.






 
 
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