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Frankenpost, 23.10.2009 |
Von Kerstin Starke |
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Kaleidoskop der Gefühle in zwanzig Liedern
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Nach zwei Platten mit Ausschnitten aus seinem beachtlichen
Opernrepertoire hat der Tenor Jonas Kaufmann nun auch eine
zweite CD mit Liedern herausgebracht. Zusammen mit seinem
langjährigen Liedbegleiter Helmut Deutsch hat er - nach einem
Album mit Strauss-Liedern - Franz Schuberts Zyklus "Die schöne
Müllerin" aufgenommen, die wie alle CDs des Sängers bei Decca
erschienen ist.
Zwar wurde das Werk, mit dem Schubert 1823 zwanzig der 25
Gedichte der gleichnamigen Sammlung von Wilhelm Müller vertonte,
immer wieder von den großen Baritonen der Szene, wie Prey und
Quasthoff, interpretiert; komponiert aber wurde der Zyklus
ursprünglich für Tenor. Und er sollte, wie Kaufmann im
Begleitheft der CD ausführt, von einer jungen Stimme mit
ebensolcher Seele gesungen werden. Deshalb sei es für ihn, den
mittlerweile Vierzigjährigen, höchste Zeit gewesen, "Die schöne
Müllerin" zu singen.
Der Star-Tenor, der im nächsten Jahr in der Partie des Lohengrin
bei den Bayreuther Festspielen debütiert, wird nicht nur wegen
seiner außergewöhnlichen Stimme, sondern auch wegen seiner
beeindruckenden Darstellungskunst weltweit gefragt und gefeiert.
Leben und Ausdruck verleiht der Münchner in der ihm eigenen
Weise hier auch dem Liederreigen Schuberts; er nutzt in den
Gesängen, die von einer unglücklichen Liebe erzählen, das große
Kaleidoskop der stimmlichen Möglichkeiten, mit denen er ganze
Gefühlswelten zu gestalten versteht.
Im ersten Teil, solange der Müllersbursche verliebt und noch
unbeschwert ist, singt Jonas Kaufmann unschuldig, ungestüm, mit
tiefem Timbre, vor Energie strotzend; die Stimme ist wendig,
aber auch sanft und zart, wo die Interpretation es verlangt. Im
zweiten Teil, nachdem dem jungen Müller von seiner Angebeteten
das Herz gebrochen worden ist, als sie statt ihn den Jäger
wählt, gelingt dem Interpreten eine deutliche Wandlung im
Ausdruck. Der wird nun argwöhnisch erst, dann aufgewühlt,
wehmütig, trotzig und zornig auch, und niedergeschlagen bis hin
zur tiefen Depression, die ihn bis in ein kühles Grab im Bach
führen wird. Dabei weiß er auch in den unterschiedlichen
"Figuren" zu variieren, wenn nämlich am Ende auch der Bach, der
den Burschen zur Müllerin geführt hat und in dem er nun sein
Ende sucht, zu Wort kommt - erst in einem Dialog mit dem Müller,
dann in einem rührenden Schlaf- und Todeslied.
Kongenial aufgegriffen wird Kaufmanns Interpretation von Helmut
Deutsch am Flügel; nicht zuletzt ein Ergebnis langjähriger
erfolgreicher Zusammenarbeit. |
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