Abendzeitung, 7.04.2017
Marco Frei
 
Jonas Kaufmann - Als Tenor und Bariton in Mahlers "Lied von der Erde"
 
Jonas Kaufmann als Tenor und Bariton in Gustav Mahlers „Das Lied von der Erde“[ – und mehr neue Aufnahmen des gleichen Werks]

Von Sängern ist oft zu hören, dass sie alle Fächer und Stilepochen flexibel bedienen könnten. Auch Jonas Kaufmann wird nicht müde, dies zu betonen. Nicht selten liegen jedoch Vorstellung und Wirklichkeit weit auseinander. Das zeigt sich jetzt auch beim „Lied von der Erde“ von Gustav Mahler, das Kaufman mit den Wiener Philharmonikern unter Jonathan Nott eingespielt hat.

Der besondere Clou dieser Aufnahme: Kaufmann singt in der eingespielten Fassung mit Männerstimmen den Tenor und den Bariton. Dabei überzeugt der Münchner vor allem mit den Bariton-Partien, obwohl er seit einer technischen Umstellung als Tenor unterwegs ist. Sein baritonales, im samtenen Matt-Ton gehaltenes Timbre passt grundsätzlich sehr gut zur Jenseitigkeit und Weltentrücktheit im finalen „Abschied“.

Nicht alles klingt schön

In der tenoralen Höhe aber mangelt es unhörbar an Strahlkraft und Klarheit, mitunter brüchig sein Piano. Ein weites Atmen macht sich in seinem Piano rar, wohingegen die Kulmination im „Trinklied vom Jammer der Erde“ etwas gepresst wirkt. Ein Affe hockt hier im Mondschein auf den Gräbern, so der Text, und sein Heulen gellt in den „süßen Duft des Lebens“ hinaus. Über diese Worte stürzt das ganze Orchester katastrophisch in sich zusammen. Es ist Kaufmann anzuhören, wie er sich abmühen muss.

Obwohl die Wiener Philharmoniker sehr differenziert spielen, nie aufgedonnert, kann Kaufmann davon nur stellenweise profitieren. Zwar ist er bemüht, die Worte unsentimental und sonor zu gestalten, aber: Im „Abschied“ erreicht er nicht einmal im Ansatz dieselbe geistige, stilsichere Durchdringung und zugleich aufrichtige Dringlichkeit wie sein Kollege Christian Gerhaher. Das offenbart nicht zuletzt die wunderbare Aufnahme von Gerhaher mit dem Sinfonieorchester im kanadischen Montreal unter Kent Nagano, bei der Klaus Florian Vogt die Tenorpartie singt.






 
 
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