radio klassik
Michael Gmasz
 
CD der Woche, Das Lied von der Erde
 
Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ ist ein groß angelegter, sinfonischer Dialog zwischen zwei Singstimmen, Tenor und Alt bzw. Bariton, und dem Orchester. Viele großartige Aufnahmen liegen bereits vor, mit Fritz Wunderlich und Christa Ludwig, mit Jessye Norman und Jon Vickers, Marjana Lipovsek und Ben Heppner oder aus jüngerer Zeit mit Christian Gerhaher und Klaus Florian Vogt. Nun hat es erstmals ein Sänger „gewagt“, alle 6 Teile dieses sinfonischen Liederzyklus alleine zu singen, Jonas Kaufmann. Auf unserer CD der Woche ist er mit den Wiener Philharmonikern unter Jonathan Nott zu erleben.

Bereits in seinen frühen 20ern, berichtet Jonas Kaufmann im Beiheft, habe ihn das Lied von der Erde von Gustav Mahler fasziniert. Schon früh also wollte er sich auf die Spuren von Fritz Wunderlich begeben, musste jedoch schnell feststellen, dass die Herausforderung für einen jungen Tenor doch zu groß gewesen ist. Über die Jahre ist Kaufmann in die Tenorpartien hineingewachsen, mehr noch, er ist über sie hinausgewachsen, so dass er sich im vergangenen Jahr im Rahmen eines Konzertes mit den Wiener Philharmonikern auf das Wagnis eingelassen hat, nicht nur die Tenorlieder, sondern auch jene für tiefe Stimme zu singen. Ein Wagnis, das sowohl beim Publikum, als auch bei den Kollegen des Musikfeuilletons mit tosendem Applaus angekommen ist.

Es war unter anderem der Neid auf die eine Sängerin oder den anderen Sänger und bestimmte Parts bzw. Lieder , vor allem auf den großen „Abschied“, der Jonas Kaufmann dazu veranlasst hat, auch den Solopart der Lieder 2, 4 und 6 zu übernehmen. Sein immer wieder hervorgehobenes baritonales Timbre kommt ihm dabei durchaus zu Gute.

Wer im Juni 2016 live Zeuge dieses Großereignisses werden durfte, musste allerdings schon damals feststellen, dass die Spielfreude des Orchesters und die damit einhergehende Dynamik die Singstimme von Jonas Kaufmann hin und wieder in den Hintergrund rückte. Man durfte sich also erwarten, dass dieses kleine „Manko“ bei der Aufnahme berücksichtigt und somit balancetechnisch wieder alles ins Lot gerückt werden würde. Das ist jedoch nicht immer gelungen. So schön der saftige Mahlerklang der Philharmoniker unter Jonathan Nott auch ist, er war damals für den erkrankten Daniele Gatti eingesprungen, so sehr wünscht man sich an mancher Stelle doch, die große Stimme von Jonas Kaufmann ein wenig präsenter wahrzunehmen. Nichts desto trotz ist diese Produktion ein beeindruckendes Zeugnis seiner Kunst und wir dürfen gespannt sein, auf welche Erkundungsreisen er sich noch außerhalb des tenoralen Faches begibt.






 
 
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